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Sind Jugendliche Flüchtlinge ein Geschäftsmodell?

6. Dezember 2018 / 11:28 Uhr

Drasenhofen: Jeder verhaltensauffällige Jugendliche kostet 8.500 Euro pro Monat

Die Causa Drasenhofen hat zwei Seiten. Landesrat Waldhäusl hat zwar Fehler gemacht, aber verhaltensauffällige Jugendliche verlangen zumindest nach Betreuung und Erziehung.

Das Bild mit dem einstöckigen, kahlen Haus in Drasenhofen, umgeben von einem Gitterzaun mit Stacheldraht, in dem unbegleitete jugendliche Flüchtlinge wie in einem Gefängnis untergebracht sind, hat wieder einmal für internationales Aufsehen gesorgt. Und gleich die Vorurteile jener sprießen lassen, die Österreichs Flüchtlingspolitik bei jeder Gelegenheit als unsozial und menschenunwürdig anprangern. Tatsächlich hat der niederösterreichische Asyl-Landesrat Gottfried Waldhäusl hier eine Aktion gesetzt, die einen  politischen Fehler darstellt.

Flüchtlingshilfe als Geschäftsmodell

Inzwischen kommen aber neue Details ans Licht der Öffentlichkeit, die es in sich bergen, dass daraus noch ein größerer Skandal wird, der nach Aufklärung verlangt und sofort auch die Frage der Verantwortung aufwirft. Zeigt sich doch, dass Flüchtlingshilfe generell anscheinend zu einem lukrativen Geschäftsmodell geworden ist und ein nicht kontrollierter Vergabemodus Platz gegriffen hat. Was wiederum zur Folge hat, dass sich private Unternehmen, die zum Beispiel über ein leerstehendes Gebäude verfügen, geradezu darum reissen, Verträge mit den Ländern abzuschließen, die auf der Suche nach entsprechenden Quartieren sind. Und ganz besonders, wenn es um “Spezialfälle” geht, wie dies bei Jugendlichen der Fall ist.

Justiz ermittelt bereits

An sich ist die Grundversorgung zwar Ländersache, aber die Rahmenbedingungen sind durch einen so genannten Bund-Länder-Vertrag geregelt. So ist für die Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen ein Tagessatz von maximal 95 Euro vorgesehen. Dieser gilt für die Unterbringung in Wohngruppen. Das macht im Monat pro Person satte 2.898 Euro aus.

Damit aber nicht genug, kann doch für spezielle pädagogische Betreuung oder auch Sicherheitsdienste noch ein zusätzlicher finanzieller Aufwand in Rechnung gestellt werden. Was, wie dies nun im Fall Drasenhofen vom Büro Waldhäusl und von Christian Kogler, dem Geschäftsführer der Betreiberfirma ASOB, nicht in Abrede gestellt bzw. von der Sozial-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig bestätigt wurde, dazu führte, dass pro Jugendlichen und Tag für die Aufsicht bzw. Bewachung weitere 188 Euro verrechnet wurden. So kommt man auf 8.538 Euro im Monat (bei 30 Tagen).

Kinderdörfer bekommen für Jugendliche nur ein Drittel dieser Kosten

Der Geschäftsführer der SOS-Kinderdörfer, Clemens Klingan, greift sich bei diesen Zahlen gleich an den Kopf: “Das wäre fast das Dreifache dessen, was das SOS-Kinderdorf zum Beispiel für die Betreuung von unbegleiteten Kindern in unserer Wohngruppe in Ebreichsdorf erhält.” Kein Wunder, dass – wie EU-Infothek erfuhr – die Justiz bereits ermittelt. Und nicht nur wegen der Anzeige auf Freiheitsentzug gegen den zuständigen Landesrat.

Hinterfragenswerte Gerichtsentscheidungen

Faktum war, dass die Inszenierung rund um das Haus in Drasenhofen mit Wachmännern und Quasi-Ausgangsverbot rechtlich nicht zulässig ist. Freiheitsentziehung beziehungsweise Freiheitsentzug sind ein Eingriff in das international anerkannte Menschenrecht auf persönliche Freiheit. Umso mehr, als dass keine Gerichtsentscheidung zugrunde lag, die ein solches Verhalten gerechtfertigt hätte. Was allerdings im konkreten Fall auch die Frage aufwirft, ob sich so manche Richterin und mancher Richter bei ihrer nachsichtigen Entscheidung der eigentlichen Tragweite wirklich bewusst waren.

Berücksichtigung der Kinderrechte

Wenngleich Psychologen gerne übertreiben und gleich von besonders unmenschlichen Bedingungen sprachen, die den minderjährigen Jugendlichen erheblichen psychischen Schaden zufügen können, so rechtfertigte der Befund der Kinder- und Jugendanwaltschaft das Durchgreifen von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und die umgehende Schließung der Unterkunft im nördlichen Weinviertel. Laut deren Bericht “widerspricht die derzeitige Versorgungsform von Jugendlichen grob den in Verfassungsrang stehenden Kinderrechten. Ein Stacheldraht, sowie eine allfällige Freiheitseinschränkung ohne erkennbare Rechtsgrundlage, ist aus pädagogischer und kinderrechtlicher Sicht jedenfalls abzulehnen”.

Ein auffälliges Vorleben

So weit, so gut. Wenn man sich freilich von den mittlerweile 16 in St. Gabriel bei Mödling untergebrachten Jugendlichen den bisherigen Lebenslauf ansieht, stellt sich die Frage, ob diese nicht eine gewisse Aufsicht sehr wohl benötigen würden. Gleich acht der unbegleiteten Minderjährigen (sechs aus Afghanistan, einer aus dem Irak, einer aus Ghana) sind nämlich schon strafrechtlich ein- oder mehrmals in Erscheinung getreten. Und zwar wegen schwerer Körperverletzung, geschlechtlicher Nötigung, gefährlicher Drohung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Suchtmittelhandel, Sachbeschädigung. Angesichts eines solchen Vorlebens darf man sich nicht wundern, dass die Bevölkerung applaudiert, wenn hart durchgegriffen wird und keine rechtliche Milde gewährt wird.

Fast 500 unbegleitete Minderjährige

Der Fall Drasenhofen macht aber deutlich, dass in Österreich dringend Maßnahmen gefragt sind, um sich mit dem Problem der unbegleiteten Minderjährigen auseinanderzusetzen. Die Tatsache, dass hier Geld sprichwörtlich verpulvert wird, verlangt umgehend nach Aufklärung und Reaktion. Und die Politik muss hier für klare Auflagen und Rahmenbedingungen sorgen, damit Missbrauch verhindert wird und diese Jugendlichen auch tatsächlich jene Betreuung erfahren, damit sie in die Gesellschaft eingegliedert (und keine Außenseiter) werden.

Der Anteil unbegleiteter jugendlicher Flüchtlinge ist zwar seit 2015 massiv gesunken (7.534 waren es 2015), aber selbst im heurigen Jahr wurden von ihnen bis Ende Oktober 432 Anträge auf Asyl gestellt. Davon waren 46 unter 14 Jahre und 386 zwischen 14 und 18 Jahre alt. Wie so oft, gibt es auch noch eine Dunkelziffer, nämlich jener, die illegal hier leben.

Notwendige Betreuung und Aufsicht

Gerade unter den unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen und Migranten ist die Zahl jener, die sich nicht an die Gesetze halten, die mit dem Alltag nicht fertig werden, die sich nicht den Regeln der neuen Gesellschaft anpassen wollen, also verhaltensauffällig sind, besonders hoch. Und das beinhaltet natürlich auch ein gewisses Sicherheitsrisiko. Daher muss ein professionelles System geschaffen werden, diese nun einmal zu beaufsichtigen und zu betreuen. Dazu bedarf es einer geeigneten Unterkunft und vor allem eines geschulten Personals.

Der Beitrag stammt aus “EU-Infothek – Das unabhängige Magazin für Österreich und Europa” vom 6. Dezember 2018.

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