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Während tausende österreichische Jugendliche in überbetrieblichen Ausbildungszentren auf eine echte Lehrstelle warten, macht sich das alte System dafür stark, dass abgelehnte Asylwerber in der Lehrausbildung bleiben dürfen.

26. August 2018 / 19:58 Uhr

Asyl-Lehrlinge: Das alte System stemmt sich gegen die neue Rechtsstaatlichkeit

Das Thema der österreichweit rund 1000 Asylwerber in Lehre wird medial seit Wochen hochgekocht. Ein weiterer Beleg für die immer größer werdende Entfernung zwischen den Sorgen der Journalisten und jenen der Bevölkerung. Hinter der Forderung, auch abgelehnte Asylwerber weiter im Land und in der Lehre zu behalten und damit Willkür vor Recht ergehen zu lassen, versammeln sich immer mehr bekannte Namen – aus der Politik handelt es sich jedoch ausschließlich um Vertreter des alten, abgewählten Systems.

Regierung bleibt dem Rechtsstaat treu

Die neue türkis-blaue Regierung hingegen ist gewillt, dem Rechtsstaat weiter treu zu bleiben. Denn der (vom ehemaligen SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer stammende) Erlass, der regelt, dass junge Asylwerber eine Lehre in Mangelberufen beginnen können, sieht eben vor, dass das Lehrverhältnis automatisch endet, wenn der Asylwerber einen rechtskräftig negativen Asylbescheid erhält. Dann hat er nämlich das Land zu verlassen – die oftmals zitierte “Abschiebung” ist lediglich das Zwangsmittel, das zur Anwendung kommt, wenn sich die Betroffenen weigern, der im Bescheid ergangenen Anordnung Folge zu leisten.

Grüner an der Spitze einer bunten Altpolitiker-Runde

Während – zumindest im Einflussbereich der neuen Bundesregierung – nun also die Rechtsstaatlichkeit wieder zählt, geht der Ruf nach anderen Regeln und damit der verhängnisvollen Vermischung von Asyl und Zuwanderung, wenig überraschend von einem Grünen aus. Schließlich bestand die politische Agenda der Grünen stets darin, mit Druck und Geschrei neue gesetzliche Ge- und Verbote zu fordern mit dem Ziel, die Gesellschaft nachhaltig zu verändern und diese Veränderung durch die Gerichte absichern zu lassen.

Hier ist es Oberösterreichs Landesrat Rudolf Anschober, hinter dessen Initiative “Ausbildung statt Abschiebung” sich jedoch bereits zahlreiche Polit-Promis aus anderen Parteien versammelt haben. Dass die ehemalige Regierungsspitze mit Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner (ÖVP) den Reigen der Politiker eröffnet, macht den vom Kabinett Kurz-Strache vollzogenen Wechsel von der Willkür zum Rechtsstaat besonders deutlich sichtbar. Dahinter folgen Ex-Raiffeisen-Boss und Ex-Flüchtlingskoordinator Christian Konrad und sein ständiges Anhängsel Ferry Maier, Neos-Mäzen Hans Peter Haselsteiner, Industriellenvereinigungs-Chef Georg Kapsch und Ex-Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ).

Alte schwarze ÖVP stellt sich hinter grüne Initiative

Abseits der konkreten Initiative, die es trotz beinahe täglicher Gratis-Werbung in den Medien erst auf knapp 58.000 Unterstützer gebracht hat (Stand 26.8.2018), äußerten sich zuletzt auch die schon seit Langem eher der EU als Österreich verbundenen ÖVP-Politiker Franz Fischler, Othmar Karas und Wilhelm Molterer positiv für ein Bleiberecht trotz negativem Asylbescheid, ebenso die zu der als besonders regierungskritisch geltenden “Westachse” zählenden ÖVP-Landeshauptmänner Wilfried Haslauer (Salzburg) und Markus Wallner (Vorarlberg).

Konform mit dem geltenden Recht gingen in ihren Aussagen – neben der einem restriktiven Asylkurs verpflichteten FPÖ – zuletzt Familien- und Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß sowie Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer – trotz des von vielen seiner im alten System sozialisierten ÖVP-Wirtschaftsbund-Mitstreiter immer wieder vorgebrachten Fachkräftemangels, der es doch ökonomisch irrational erscheinen lasse, Asylwerber aus einer laufenden Berufsausbildung herauszureißen.

Ein Lehrling ist noch lange keine Fachkraft

Dieses, von den Medien meist unhinterfragt wiedergegebene Argument ist leicht zu entkräften:

Zum einen ist ein Lehrling noch lange keine Fachkraft. Besonders bei Asylwerbern ist die Abbrecher-Quote enorm hoch. In einer Anfragebeantwortung an den FPÖ-Abgeordneten Peter Wurm aus dem Jahr 2016 heißt es dazu, bezogen auf damals insgesamt 420 erteilte Beschäftigungsbewilligungen seit 2012:

Ende Juni 2016 waren österreichweit 213 Lehrlings-Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber/innen aufrecht, 199 davon bei laufender Beschäftigung. Von allen österreichweit erteilten Lehrlings-Beschäftigungsbewilligungen sind inzwischen 184 ruhend gestellt worden.

Wie viele Bewilligungen wegen erfolgreichen Abschlusses und wie viele wegen Abbruchs der Lehre ruhend gestellt wurden, konnte der damalige Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) nicht sagen. Aufgrund der noch geringen Laufzeit des Programms ist jedoch von einer weit überdurchschnittlichen Abbrecherquote – und zwar nicht nur wegen eines negativen Asylbescheids – auszugehen.

Tausende österreichische Jugendliche warten auf echte Lehrstelle

Zum anderen ließe sich der Mangel an angehenden Fachkräften leicht aus anderen Personalressourcen beheben. Ein Vielfaches der Zahl der Asylwerber-Lehrlinge lernt einen Beruf in einem sogenannten überbetrieblichen Ausbildungszentrum. Dort werden – überwiegend österreichische – Jugendliche ausgebildet, die keine Lehrstelle finden konnten. Erklärtes Ziel ist es, sie während der Lehrzeit in einen Betrieb zu vermitteln. Ebenfalls ein Vielfaches der rund 1.000 Asylwerber in Lehre stellen die asyl- und subsidiär schutzberechtigten Personen unter 25 Jahren, die beim AMS gemeldet sind. Beide Gruppen kosten den Staat enorm viel Geld und wären (zumindest teilweise) froh, wenn sie einen Lehrplatz erhalten würden.

Regierung will nun Zugang von Asylwerbern zur Lehre komplett streichen

Doch diese Menschen zählen für die Bleiberechts-Forderer in Politik und Medien offenbar weniger als abgelehnte Asylwerber in Lehre – und jedenfalls weniger als der Rechtsstaat. Um den Versuch der Aushebelung des Asylrechts durch diese Kräfte zu stoppen, will die Regierung nun den Zugang von Asylwerbern zur Lehre völlig stoppen und den Erlass des Sozialministeriums aufheben. Vizekanzler HC Strache (FPÖ) kündigte das heute im Interview mit Österreich an, Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal bestätigte das Vorhaben.

 

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