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1784 erstes Irrenhaus Europas: Der Wiener Narrenturm beinhaltet persönliche und medizinische Schicksalsfälle.

4. August 2017 / 09:00 Uhr

Der Wiener Narrenturm mit seiner pathologisch-anatomischen Sammlung

Im Bezirk Wien-Alsergrund schlummert auf dem Gelände des Alten Allgemeinen Krankenhauses (AKH) ein Gebäude, das man als Narrenturm oder volkstümlich Guglhupf bezeichnet. Er beheimatet heute die Pathologisch-anatomische Sammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) und war bis zur Eingliederung in das Naturhistorische Museum (NHM) zwischen 1971 und 2012 der Standort des Pathologisch-anatomische Bundesmuseums.

Europas erste Anstalt zur Behandlung Geisteskranker

Errichten ließ den Narrenturm kein geringerer als der Habsburger Joseph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Bei seiner Fertigstellung 1784 handelte es sich um die erste Sanitätsanstalt auf dem europäischen Kontinent, die ausschließlich zur Behandlung geisteskranker Patienten errichtet wurde. Der im Rundbau errichtete Narrenturm  hat fünf Stockwerke und einen Umfang von sogenannten 66 Wiener Klaftern. Pro Stockwerk gibt es 28 Zimmer, und auf dem Dach befand sich historisch ein Oktogon.

Zur medizinischen Funktion des Narrenturms liest man in der Vorstellung der Pathologisch-anatomischen Sammlung auszugsweise folgende Zeilen:

Damals unterschied man zwischen verschiedenen Krankheitsformen wie Melancholie, Tollheit oder Unsinnigkeit. Heilungsversuche unternahmen die Ärzte mittels Aderlass, Brechmitteln oder ähnlichem, um die „Säfte“ des Körpers ins Gleichgewicht zu bringen.

Sammlung 1796 gegründet und seit 1971 im Narrenturm

Die Pathologisch-anatomische Sammlung wurde 1796 begründet und teilte die wechselhafte Geschichte des Pathologischen Instituts an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Erst 1971 trennten sich die Wege des medizinischen Universitätsinstituts und der Sammlung. Die Sammlungsgrundlage findet sich in einer Verordnung von Kaiser Franz I. aus dem Jahre 1811:

Denn im Oktober 1811 war es zu einer Verordnung gekommen (verabschiedet unter Seiner KK Majestät Franz dem ersten für die Österreichischen böhmischen und galizischen Erbländer), wonach nicht nur alle Professoren von Amtswegen verpflichtet wurden, instruktive Präparate zu verfertigen, sondern alle Merkwürdigkeiten, die sich an den Leichnamen darbieten, zu sammeln und in die Cabinette abzuliefern. Im folgenden Paragraf erweitert sich die Pflicht, zu sammeln, auf alle Spitäler und Gebärhäuser. Hierbei sollten auf die merkwürdigen ..stücke der Natur geachtet werden und diese gesammelt.

Im Jahr 1977 kam eine Gerätesammlung zu den vorhandenen Objekten dazu. Mit etwa 45.000 Objekten gilt die Pathologisch anatomische Sammlung heute als die weltweit größte Sammlung pathologischer Präparate. Und der Narrenturm ist ein schöner Kontrast zum Museum der Illusionen im 1. Wiener Gemeindebezirk.

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