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19. Oktober 2010 / 10:39 Uhr

Rot-Weiß-Rot-Card bringt Freifahrt für Familiennachzug

Eine Errungenschaft der Sozialpartnerschaft soll jetzt ein „kriteriengeleitetes Zuwanderungssystem“ ermöglichen: die Rot-Weiß-Rot-Card. Künftig wird Schlüsselarbeitskräften, also jenen qualifizierten Personen, die am heimischen Arbeitsmarkt gebraucht werden, ein leichterer Zuzug nach Österreich ermöglicht. Damit soll die Niederlassungsverordnung ersetzt werden, die unter anderem Kontingente für Schlüssel- und Saisonkräfte sowie den Familiennachzug festlegt.

Über ein Punktesystem wird ein potentieller Zuwanderer in eine von drei Gruppen eingestuft, für die unterschiedliche Bedingungen gelten. In die Gruppe der „Spitzenkräfte“ kommen besonders hoch qualifizierte Zuwanderer, wie etwa Manager und Forscher. Für sie gelten keine arbeitsmarktbezogenen Kriterien, ein Arbeitsplatzangebot ist ebenfalls nicht erforderlich. Sie haben nach Einreise sechs Monate Zeit, um eine Beschäftigung zu finden. Der Familiennachzug ist für diese sofort nach Arbeitsaufnahme möglich. Bewilligungen dafür soll es im Mai 2011 geben.

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Die zweite Gruppe regelt den Zuzug für Arbeitskräfte in Berufen, an denen hoher Bedarf besteht (so genannte Mangelberufe). Diese werden per Verordnung festgelegt und richten sich nach dem entsprechenden Arbeitsplatzangebot. Außerdem ist ein Mindestentgelt vorgesehen, um Lohn-Dumping zu verhindern. Anders als in der ersten Gruppe, besteht ein Anrecht auf Familiennachzug erst drei Monate nach Arbeitsaufnahme. Bewilligungen sollen ab 2012 möglich sein.

Gibt es in bestimmten Regionen oder Betrieben darüber hinaus Bedarf an Arbeitskräften, für die in Österreich kein Ersatz gefunden wird, können Zuwanderer über ein "Ersatzkraftverfahren" geholt werden. Dafür gelten Mindesteinkommen-Grenzen.

FPÖ befürchtet Einschleusung von Billigarbeitskräften

BildWeil die Hälfte der österreichischen Migranten ohnehin aus der EU kommt, werden mit der Rot-Weiß-Rot-Card nur 3.000 bis 4.000 von 100.000 Zuwanderern jährlich abgedeckt sein. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl (Bild) vermutete deshalb, dass es sich bei der Karte in Wahrheit um eine „Afrika-Karte“ handle, die zur Einschleusung von Billigarbeitskräften aus Drittstaaten im Interesse der Großkonzerne diene. Schon jetzt werde das vorhandene Kontingent an Schlüsselarbeitskräften, bei denen es Einkommensuntergrenzen gebe, nämlich nicht einmal annähernd ausgeschöpft. „In Wahrheit geht es der Regierung und den Sozialpartnern um organisierte Zuwanderung inklusive Familienangehöriger“, kritisiert Kickl und verweist auf die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU, mit der es schon jetzt möglich ist, bei Bedarf Arbeitskräfte anzuwerben.

Der Wegfall der Übergangsfristen für zehn osteuropäische Länder ab Mai 2011 könnte den heimischen Arbeitsmarkt ebenfalls stark in Mitleidenschaft ziehen. Lohnniveau und Wirtschaftskraft dieser Länder seien besonders bedenklich, meint der Freiheitliche. Mindestlöhne liegen in Ungarn, der Slowakei und Tschechien nur bei rund 300 Euro monatlich. Ein österreichisches Gesetz zur Verhinderung von Sozialdumping, das analog zur Rot-Weiß-Rot-Card beschlossen werden soll, kann die Unterschiede zwischen österreichischen Mindeststandards und jenen der Erweiterungsländer allerdings nicht einfach in Luft auflösen.
 

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