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Gerade diejenigen, die Kampagnen gegen Hass im Netz veranstalten, haben sich häufig selbst nicht im Griff.

30. Oktober 2016 / 17:47 Uhr

Im Online-Vomitorium

Die sozialen Medien erfüllen heute vielerlei Funktionen: Nachrichten, Kommunikation, Austausch, Privates, Öffentliches usw. Ein besonderes und ambivalent zu beurteilendes Asset dieser neuen Foren ist, dass man sich dort sprichwörtlich auskotzen kann. Unter dem Schutz der Anonymität wird reflektorisch Galle und Geifer abgesetzt, falls einem etwas nicht gefällt oder manisch ärgert. Manche tun es auch mit dem eigenen Namen. Ob das mutig ist oder dumm, bleibt im Einzefall zu entscheiden.

Gastkommentar von Marcus Franz

Früher gab es diese Art der Kommunikation nur bei sehr tiefen Stammtischen oder hinterm Bierzelt. Im alten Rom hieß übrigens der Raum, wo man sich nach ausufernden Orgien übergab, "Vomitorium". Diesen Platz suchte man auf, um sich oral zu erleichtern. Danach ging es munter weiter. Gewisse SM haben heute eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Vomitorium: Der abgegebene Inhalt zumindest ist immer wieder vergleichbar.

Die Linken haben in ihrem orgienartigen politischen Korrektheitsdenken unlängst befunden, man müsse besonders üble Online-Elaborate, die in die SM gespieen werden und die man als gehässig oder hetzerisch empfindet, öffentlich ächten – aber nur dann, wenn sie von rechts kommen. Anzeigen alleine genügt den Hypermoralisten nicht mehr (Die gesetzliche Möglichkeit, Hasspostings anzuzeigen, gibt es ja schon längst). Für diese betuliche Kampagne, die nicht von ungefähr an den Pranger des Mittelalters erinnert, wurde in Österreich und Deutschland unter lauter politischer Begleitmusik ein Hashtag namens #GegenHassimNetz geschaffen. 

Unbenutzter Hashtag

Der Hashtag hat sich bisher kaum durchgesetzt, auch wenn Medien wie der Kurier und eine österreichische Staatssekretärin dafür fast verzweifelt und heftig Werbung machen. Es interessiert einfach Niemanden, ob und wie jemand wohin kotzt. Und wenn sich jemand beschmutzt oder gar bedroht fühlt, geht er sowieso zur Polizei. Das ganze GegenHassimNetz-Getue ist also überflüssig, zumal es ja auch nicht für alle, sondern nur für böse Rechte gilt.

Jetzt haben die Linken damit ein veritables Problem: Sie wollten mit der Kampagne Empörung schaffen. Das ist nicht gelungen, weil die Leute die Nase voll von der künstlichen Erregung aus der linke Ecke haben. Das einzige, was die Hypermoralisten zustande gebracht haben, ist eine Anzeige gegen HC Strache, weil er ein Facebook-Video, auf dem ein angeblicher Suizidversuch eines Asylwerbers zu sehen war, mit dem Adjektiv "Fassungslos" versah. Über diese Anzeige kann man nur noch den Kopf schütteln. Der Erfolg der Campaign ist also ziemlich überschaubar und das Motiv der Linken eindeutig: Sie haben keine Argumente mehr. 

Diskus-Faschisten mit Schaum vorm Mund

Zum Thema wird aber jetzt, dass die Linken selber vor heftigen Attacken im Netz nicht zurückscheuen und persönliche Angriffe fahren, wo immer es nur geht. Das Argument ist aus der Debatte verschwunden und durch unverdauten Verbal-Müll ersetzt worden. Hauptberufliche Antifa-Kämpfer, selbsternannte Meinungsrichter und linke Diskurs-Faschisten gerieren sich zwar wie einst die echten Revolutionäre und verbreiten mit Schaum vorm Mund ihre Aufrufe zur Hinrichtung. Der einzige Unterschied zu damals ist die Art des politischen Mordes: Waren es während der realen linken Revolutionen noch echte Tötungen, so wird jetzt "nur" noch der Rufmord verbrochen. Man könnte sagen, immerhin ein Fortschritt:  Die linken Lynchmob-Revoluzzer sind zivilisierter geworden. 

Allerdings ist das jetzt eine mehr als widersprüchliche Situation. Auf der einen Seite gibt es die im Brustton der aufgesetzten Moral verkündete Kampagne gegen den Hass im Netz, auf der anderen Seite konterkarieren die eigenen Leute ohne Unterlass die wackeren Aufrufe gegen den Hass und hetzen, was das Zeug hält. 

Auch klagbare Attacken

Unter den linken Hetzern sind immer wieder bekannte Namen aus dem Dunstkreis der Grünen, der Sozialdemokratie und bestimmter Medien, die regelmäßig die Grenzen der Kritik und des guten Geschmacks überschreiten und ansatzlos in den ad-hominem-Angriff gehen. Fallweise sind auch klagbare Attacken dabei. Die Leute, die es in der Hand hätten, diesen unsäglichen Ausritten auf den Foren entgegen zu treten, tun es nicht: Linke Journalisten und linke Politiker lassen ihre Blutknechte wüten. Sie wissen nämlich genau, irgendwas bleibt immer hängen und der politische Gegner ist so stark wie nie zuvor. Daher sind auch diese linken Eruptionen in den SM erlaubt, solange man sie nur den Rechten verbietet.

Die Frage ist halt: Wer kann Linke noch ernst nehmen, wenn sie nicht einmal den Anstand haben, ihren eigenen Dreck aus den SM wegzuräumen? Und wie soll das Netz eine neue Anständigkeit bekommen, wenn gerade die, die den Anstand am lautesten einfordern, die größten Heuchler sind? 

Dr. Marcus Franz ist Facharzt für innere Medizin und seit 2013 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. Er schreibt auf http://www.thedailyfranz.at/.

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