Keineswegs „fit“ im Krisenmanagement scheint die grüne Tiroler Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe beim Krisenmanagement der Coronavirus-Seuche zu sein. Dies vermittelt jedenfalls ein Interview, das die linke Tageszeitung Der Standard mit Felipe zu Meinungsbildungsprozessen und Entscheidungen im Tiroler Einsatzstab und in der schwarz-grünen Landesregierung geführt hat.
Gleichzeitig belastet Felipe auch indirekt ihren grünen Parteikollegen Rudolf Anschober in Wien, wenn sie behauptet, dass Entscheidungen betreffend Epidemiegesetz und entsprechende Maßnahmen in Tirol mit „dem Ministerium“, soll heißen, dem Gesundheitsminister, getroffen worden sind:
Diese Entscheidung wurde fachlich in enger Abstimmung mit dem Ministerium getroffen, und ich hatte sie zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe davon gehört, aber sie lag nicht in meinem Einflussbereich. Allgemein ist zu sagen, dass immer versucht wird, alle Entscheidungen zwischen Land Tirol und den Bundesministerien abzustimmen. Aber aufgrund der hohen Geschwindigkeit, mit der sich die Sachlage derzeit ändert, ist es nicht immer einfach, alle einzubeziehen.
„Licht und Schatten“ und “Nichterkennen” bei Entscheidungen
Felipe gibt im Interview einen ausführlichen Einblick darin, inwieweit sie in Entscheidungsprozesse ihres „koalitionären Lebensmenschen“ ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter in der aktuellen Coronavirus-Krise eingebunden ist, oder nicht. Und sie spricht das Problem von „Licht und Schatten“ bei Entscheidungen in Tirol im Zusammenhang mit der „Causa Ischgl“ an, indem sie von für die Öffentlichkeit nicht wahrnehmbaren Entscheidungen und Vorgänge „im Hintergrund“ berichtet. Auch vom „Nichterkennen“ der Dimension der Coronavirus-Seuche durch ihre eigene Person ist die Rede:
Die Frage ist immer, was ist die öffentliche Erscheinung, und was passiert im Hintergrund, auf Beamtenebene, das für die Öffentlichkeit nicht wahrnehmbar ist? Denn es ist so, dass auch die Öffentlichkeit erst ab einem gewissen Zeitpunkt, den ich nicht festmachen kann, großes Interesse an dem Thema entwickelt hat. Ich glaube, es ist sehr vielen so gegangen wie mir, dass sie das Thema anfangs unterschätzt haben. Im Februar dachte ich mir noch, das ist ein Phänomen in China, das mit uns nicht viel zu tun hat.
Selbst als erstmals der Zug am Brenner festgehalten wurde (am 23. Februar, Anm.), habe ich noch nicht die Dimension erkannt, in der wir heute stecken. Es hat also auf Expertenebene und zwischen den Behörden sicher viele Gespräche im Vorfeld der Entscheidung (über die Quarantäne, Anm.) gegeben. Das setze ich voraus. Aber hinsichtlich der konkreten Entscheidung muss ich wieder Uneitelkeit an den Tag legen, da muss mich niemand um Erlaubnis fragen, das liegt nicht in meiner Macht. Und bei der Geschwindigkeit der Entscheidungen kann es sein, dass mir das keiner rechtzeitig gesagt hat.