Plötzlich wollen alle Christen werden: Viele “Flüchtlinge” aus islamischen Staaten finden auf beinahe wundersame Weise zum Christentum, wenn sie kurz vor der Abschiebung in ihre Heimat stehen. Die Kirchen wehren sich gegen die “Glaubensprüfung” durch Behörden und fordern einen Abschiebestopp für ihre neuen Mitglieder.
Wer konvertiert, soll bleiben dürfen
Erst im November luden Evangelische Kirche und Diakonie in Wien zu einer Pressekonferenz zu dieser Thematik. Der Hintergrund war damals der Fall des Asylforderers Hossein K., der während eines Termins bei der Asyl-Behörde festgenommen wurde und nach Afghanistan abgeschoben werden sollte. Es folgten Gebete und “Mahnwachen” für K., hunderte Menschen sollen daran teilgenommen haben. Die Evangelische Kirche forderte damals das Bleiberecht für K, denn er war kurz vorher zum Christentum konvertiert, und als Christ drohe ihm im islamischen Afghanistan Tod und Verfolgung. Die Kirchenorganisation, die sonst eher für ihren pro-islamischen Kurs als für ihren Schutz von Christen in der islamischen Welt bekannt ist, brachte auch das Instrument des “Kirchenasyls” ins Spiel, um in Fällen wie dem von Hossein K. Zeit gewinnen zu können. Ein katholischer Bischof verwies auch noch auf ein angebliches “humanitäres Bleiberecht”.
Schließlich wurde der negative Asylbescheid für K. damals aufgehoben, “in letzter Minute” und auf “Weisung von oben”, wie der FPÖ-Abgeordnete Hannes Amesbauer kommentierte. In einem zweiten Asylverfahren soll nun offensichtlich geprüft werden, ob K. es mit seinem neuen Glauben tatsächlich ernst meint.
Kirche: “Glaubensprüfungen” sind Eingriff in die Religionsfreiheit
Doch solche “Glaubensprüfungen” lehnen die geistlichen Führer der christlichen Kirchen weiterhin ab: Wie der Evangelische Pressedienst für Österreich (epdÖ) heute in einer Aussendung mitteilte, hat sich die Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. (also die Vollversammlung der lutherischen und reformierten Kirchen in Österreich) in einer Resolution gegen “den herrschenden Umgang von Gerichten und Behörden mit zum Christentum konvertierten Asylsuchenden” ausgesprochenen. Der Beschluss, den das Kirchenparlament heute in St. Pölten gefällt hat, richtet sich vor allem gegen den Vorwurf der “Scheinkonversionen”, also der Konversion von Asylsuchenden als Schutz vor Abschiebungen:
Die Generalsynode verwehrt sich dagegen, dass geistliche AmtsträgerInnen und ihre Arbeit dergestalt durch Behörde oder Gerichte in Misskredit gebracht werden.
Konversion schützt nicht immer vor Abschiebung
Der Begriff der “Scheinkonversion” soll bereits öfter in amtlichen Dokumenten zu Asylverfahren erwähnt worden sein, denn nicht immer hat die Konversion zum Christentum vor der Abschiebung in die muslimische Heimat geschützt. Die Überprüfung der Konvertiten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) stellt für die Kirchen jedoch einen Eingriff in die Religionsfreiheit dar:
Die Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich lehnt sowohl die Durchführung von Glaubensprüfungen als auch die Beurteilung der Aufrichtigkeit der inneren Überzeugung von Konvertiten durch Behörde oder Gericht als staatlichen Eingriff in die inneren Angelegenheiten der Kirche und damit in das Grundrecht auf Religionsfreiheit ab
Fragen auf Matura-Niveau sind zu schwer
Ohnehin sollen solche Überprüfungen an die “Glaubensprüfungen” aus der Zeit der “Gegenreformation” erinnern. Auch an den Fragen, die den vermeintlichen Neu-Christen von der Asyl-Behörde gestellt werden, hat die Synode einiges auszusetzen: Diese seien immerhin auf “Matura-Niveau” und damit viel zu anspruchsvoll, wenn es um so banale Dinge wie den Schutz vor Abschiebung geht. Der Staat soll sich bei diesen Dingen raushalten, denn er habe ausschließlich den Würdenträgern der Kirche zu vertrauen – alles andere wäre ein Eingriff in die Religionsfreiheit, wird Synodenpräsident Peter Krömer vom epdÖ zitiert:
Mit den Prüfungen und der gängigen Praxis, Konversionen als unglaubwürdig einzustufen, wird das Urteil des jeweiligen Pfarrers oder der Pfarrerin als nicht relevant abgewiesen. Damit wird zugleich die Arbeit der Amtsträgerinnen vonseiten der Gerichte diskreditiert.
Sollten die Bemühungen der Kirchen gegen solche Überprüfungen von frisch konvertierten Asylanten erfolgreich sein, könnten sich die an enormem Mitgliederschwund leidenden christlichen Kirchen wohl in Zukunft über viele neue Kirchgänger freuen.