Die Justizministerin hat es also auf die Laiengerichtsbarkeit abgesehen. Schon mehrmals angedeutet, bestätigt sie das im heutigen Standard. Berufsrichter sollen auch in Geschworenenverfahren mit entscheiden über Schuld und Unschuld des Angeklagten. Frau Bandion-Ortner stellt sich eine Urteilsfindung mit sechs Geschworenen und zwei Berufsrichtern vor.
Ich halte das für groben Unfug. Da könnte man die Geschworenen gleich zu Hause lassen. Was wäre anderes zu erwarten, als dass sich die juristisch nicht versierten Geschworenen der Meinung der Richter anschließen? Die lange Tradition der Laiengerichtsbarkeit wäre zerstört – eine liberale Tradition, den Staat in seiner Macht gegenüber dem Bürger zu beschränken, auch in der Gerichtsbarkeit. Erstmals nach der bürgerlichen Revolution von 1848 durchgesetzt, ist die Beteiligung der Bürger an der Urteilsfindung seit den Staatsgrundgesetzen von 1867 fast durchgehend im Verfassungsrang.
Natürlich hat das Geschworenenverfahren Schwächen, doch die lassen sich leicht ausmerzen: Ein besseres Auswahlverfahren, wie von den Rechtsanwälten gefordert, ist unumgänglich. Und auch eine Begründungspflicht für den Wahrspruch würde Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Arbeit erleichtern, wenn sie gegen das Urteil berufen wollen. Die Pläne der Justizministerin jedoch schütten das Kind mit dem Bade aus und sind daher streng abzulehnen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass damit eine nötige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat zu erreichen ist – mit uns Freiheitlichen jedenfalls nicht!
Dass den Geschworenen die Verfahren wegen der juristischen Komplexität nicht zugemutet werden können, halte ich für ein schwaches Argument. Immerhin kommen Geschworene bei besonders schweren Verbrechen mit Mindeststrafen von 5 Jahren Gefängnis zum Einsatz – also etwa Mord, Totschlag oder Raub. Und da geht es weniger um die einzelnen Paragraphen als um ein gesundes Rechtsempfinden. Und das hat die Bevölkerung allemal.