Im Untersuchungsausschuss wird gerade Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter einvernommen. Er hat die Ermittlungen gegen "unbekannte Täter" aus dem BZÖ-Parlamentsklub geleitet. Hintergrund: Das BZÖ hatte mit Presseaussendungen über die Austria Presse Agentur Aussagen des Abgeordneten Westenthaler wiedergegeben – aus einer Parlamentsrede vom 3.3.2008 und einer Pressekonferenz vom 5.3.2008. Westenthaler hatte dabei schwere Vorwürfe gegen den Chef des Büros für interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium erhoben. BIA-Chef Kreutner erstattete Anzeige.
Die Ermittlungen richteten sich skurillerweise nicht gegen Westenthaler, dem die Aussagen ja eindeutig zuzuschreiben sind, sondern gegen unbekannte Täter aus dem BZÖ-Klub, gemeint sind Pressemitarbeiter, die die Aussendungen geschrieben haben. Die Krücke dafür: Es könnte sein, dass sie die Aussagen Westenthalers falsch wiedergegeben haben.
Während BZÖ und Grüne sich in der Befragung Kronawetters in Spitzfindigkeiten ergehen, ob nun die Parlamentsrede oder die Pressekonferenz die Ermittlungen ausgelöst hätten, übersehen beide den wahren Skandal dahinter: Wenn das Recht nämlich so ausgelegt wird, kann unter Umgehung der parlamentarischen Immunität jeder Journalist und jeder Pressesprecher, der Aussagen eines Abgeordneten zitiert, vor Gericht zitiert werden. Oftmals sind Artikel ja sogar namentlich gekennzeichnet, muss also gar nicht gegen "unbekannte Täter" ermittelt werden.
Fazit: Jeder Journalist und jeder Pressesprecher steht mit einem Fuß im Kriminal, wenn er über das parlamentarische Geschehen berichtet, sofern sich nur jemand findet, der Anzeige wegen übler Nachrede oder dergleichen erstattet. Korrekt wäre es, die Ermittlungen gegen den jeweiligen Abgeordneten zu führen, dem seine Aussagen ja zunächst einmal zugeschrieben werden können, wenn keine wichtigen Gründe dagegen sprechen. Diese Ermittlungen würden jedoch – einen politischen Zusammenhang der Aussagen vorausgesetzt – wegen des Immunitätsrechts sofort im Sand verlaufen. Durch die Verfolgung von Journalisten und Pressesprechern wird die Immunität umgangen – offenbar derzeit eine gängige Praxis in der Staatsanwaltschaft
Sollte sich diese Rechtspraxis etablieren, müssen Journalisten und Pressesprecher ab sofort als vogelfrei betrachtet werden.