Nach den chinesischen Hacker-Angriffen auf das allseits bekannte Datenmonopol Google, deren Ziel die Kommunikation chinesischer Menschenrechtler darstellte, kommt es zwischen Google und der chinesischen Regierung offenbar zu einer Art Machtkampf. Google verlangt freie Verbreitung der Daten, China besteht auf Einhaltung seiner Zensurgesetze – Googles Rückzug aus China ist unspektakulär im Vergleich zu weiteren möglichen Folgen dieses Disputs.
Googles öffentliches Statement und die chinesischen Reaktionen darauf verursachten weltweites Echo bezüglich der Zensur-Thematik in China. So brechen in Weblogs Diskussionen über Meinungsfreiheit los, die der chinesischen Regierung schwere Anschuldigung bescheren. Dieser Effekt ist durch die Veröffentlichung ebendieses Statements bewusst provoziert worden – die fernöstliche Moral ist in einem hohen Grad durch Diskretion geprägt, sodass der direkte Angriff von der Regierung nicht als Wille zur Zusammenarbeit gewertet werden kann.
Der Rückzug Googles aus China wäre, angesichts des mangelnden Enthusiasmus der Chinesen, nicht nur durch den liberalen Geist motiviert, sondern auch eine wirtschaftlich wirksame Entscheidung. Mit knapp einem Drittel Marktanteil (im Gegensatz zu den mehr als 80% hierzulande) erzielt Google nur 1% seiner Gewinne in der Volksrepublik. Mit dem Rückzug vor der Zensur unterstreicht der Internetriese auch seine Absicht, alle Informationen für alle Menschen zugänglich zu machen – eines der Argumente, die die massive Datenspeicherung erklären soll, die Google angekreidet wurde. Mit einem Streich "für die Menschenrechte" würden somit Kritiker der unternehmensinternen Informationspolitik wirksam beschwichtigt, der Milliardenkonzern erwirkt ganz nebenbei in der global-liberalen Netzwelt eine signifikante positive Resonanz.
China selbst steht den Forderungen Googles gelassen gegenüber. Es wäre auch nicht auszudenken, könnte sich ein milliardenschwerer Großkonzern eigenmächtig über gesetzliche Bestimmungen des bevölkerungsstärksten Landes der Erde hinwegsetzen. Das amerikanische Wertesystem, dem Google ob seiner Herkunft verschrieben ist, scheint sich ohnehin mehr und mehr zu einem globalen Vorbild, wenn nicht sogar geradezu zu einer Pflicht, zu entwickeln. Ein Staat, der sich diesem besonderen Exemplar des erfolgreich durchgesetzten "American Dream" entgegenstellt, kann also nur auf der bösen Seite stehen, oder?
Foto auf der Startseite: M. Weitzel