Jeder dritte Arzt in Deutschland ist schon einmal um Hilfe beim Suizid gebeten worden. Bei den Hausärzten ist es sogar jeder zweite. Grundsätzlich kann sich jeder dritte Arzt vorstellen, einem Patienten beim Selbstmord zu helfen. Für jeden Vierten käme sogar aktive Sterbehilfe in Frage. Das ergab die Veröffentlichung einer Befragung des Allensbach-Instituts aus dem Juli 2009, die allerdings monatelang von der Bundesärztekammer unter Verschluss gehalten wurde.
Die Rechtslage zur Sterbehilfe ist äußerst komplex und sorgt daher in regelmäßigen Abständen für Ethik-Diskussionen. Generell wird zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe sowie Beihilfe zur Selbsttötung unterschieden. Eine aktive Sterbehilfe, also etwa durch Verabreichung einer Überdosis Medikamente, ist auch auf Verlangen strafbar.
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Erlaubt ist allerdings eine indirekte aktive Sterbehilfe, wie etwa der Einsatz von Medikamenten, die lebensverkürzend wirken. Dabei werden die Nebenwirkungen in Kauf genommen. Auch die passive Sterbehilfe ist legal, jedoch nur, wenn es der Patient ausdrücklich verfügt. Hierzu werden lebenserhaltende oder lebensverlängernde Maßnahmen wie Beatmung oder künstliche Ernährung unterlassen oder beendet.
Die dritte Form ist die Beihilfe zur Selbsttötung. Da der Selbstmord in Deutschland straffrei gestellt ist, ist auch die Beihilfe zu diesem straffrei, wenn sie vor der Tötung stattfindet. Nach dem Standesrecht der Ärzte ist die Beihilfe zum Suizid allerdings verboten und würden daher gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen. In der Praxis ist es abgesehen vom Fall Julius Hackethal, der als Chirurg seiner Mutter eine tödliche Injektion verabreicht hatte, bislang zu keinem Prozess gegen einen Arzt gekommen.
Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, meint dazu: „Die Ärzte brauchen davor keine Angst zu haben. Es gibt Formen, in denen Ärzte ihren Patienten helfen können, ohne Angst haben zu müssen, bestraft zu werden – zum Beispiel durch die Ausstellung eines Rezepts“. Hoppe betont allerdings, dass die große Mehrheit der Ärzte (79 Prozent) davon überzeugt sei, dass ein Ausbau der Palliativmedizin die Wünsche nach Sterbehilfe verringern würde. Derzeit seien jedoch die Kapazitäten für die palliativmedizinische Versorgung ungenügend.
Der Patientenwunsch nach Sterbehilfe sollte ohnedies nicht verbindlich sein, meinen knapp die Hälfte der befragten Ärzte. Eine generelle Legalisierung lehnen 62 Prozent ab. „Sollte es eine solche Regelung geben, wüssten die Patienten nicht mehr, mit welcher Haltung ihm der Arzt gegenübertritt – das Vertrauensverhältnis wäre zerstört“, so der Ärztekammerpräsident.
In Österreich ist aktive Sterbehilfe und assistierter Suizid verboten. Der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen auf ausdrücklichem Wunsch des Patienten ist jedoch auch in Österreich erlaubt. Im Frühjahr des Jahres wurde eine Umfrage der Med-Uni Graz veröffentlicht, welche die Einstellung von tausend Österreichern ab dem 16. Lebensjahr zur aktiven und passiven Sterbehilfe zeigt. 62 Prozent der Befragten befürworten, dass ein Arzt einen Patienten auf dessen Wunsch tötet. Bei einem konkreten Fallbeispiel der aktiven Sterbehilfe waren allerdings nur noch 58 Prozent dafür.