Die Medien überschlagen sich derzeit mit Berichten über das eben geborene Elefantenbaby im Wiener Tiergarten Schönbrunn. Während der keine Bulle schon von Tausenden Beschern bestaunt werden kann und im Internet über seinen Namen abgestimmt wird, erhebt sich die Frage: Ist ein Zoo ein geeigneter Lebensraum für einen Elefanten?
Die Haltung von Wildtieren in Tiergärten ist schon seit Jahren ein umstrittenes Thema. Während die eine Seite argumentiert, dass nur die Zootierhaltung den kontinuierlichen Fortbestand gefährdeter Arten sichern kann, sind sich Gegner sicher, dass es auch alternative Möglichkeiten gibt und das Einsperren in meist viel zu kleinen Gehegen nur als Tierquälerei bezeichnet werden kann.
Dass Tierhaltung auch des Profites wegen stattfindet, zeigt das wenige Tage alte, noch namenlose Elefantenbaby im Wiener Tiergarten Schönbrunn. Ein regelrechter Besucher- und Medienhype um das hinter Glaswänden und Stahlgittern geborene Jungtier lässt den Rubel nahezu grenzenlos in den Zoo rollen. Die dazugehörige Namenswahl per Internet-Abstimmung wirkt wie ein gefinkelter Gag aus der Marketingabteilung.
Die ersten überlieferten zooähnlichen Tierhaltungen stammen aus China. Dort wurden bereits 2000 v. Chr. am kaiserlichen Hof Tiere gehalten. Auch im orientalischen Raum wurden schon vor über 2.000 Jahren exotische Tiere ausgetauscht und stellten Symbole für Macht, Herrschaft, Luxus und Tribut dar. In Europa im 10. Jahrhundert wurden vor allem in Klöstern Tiere gehalten. Im 11. und 12. Jahrhundert haben sich vor allem in Großbritannien sowie im 16. Jahrhundert in Italien und Frankreich Menagerien etabliert, die vornehmlich der Jagd und der Zuschaustellung exotischer Tiere dienten.
Um sich der vermehrten Forschung und Beobachtung wilder Tiere zu widmen, entwickelten sich im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts die ersten zoologischen Gärten, die auch der Öffentlichkeit zugänglich waren. Der Wiener Tiergarten Schönbrunn ist der älteste noch bestehende Zoo der Welt und wurde 1752 gegründet und 1778 für die Bevölkerung geöffnet.
Erhaltungszucht als Hauptaufgabe
Die Hauptaufgabe von Zoos wird heutzutage der Erhaltungszucht exotischer und vom Aussterben bedrohter Tierarten zugeschrieben. Zusätzlich stehen auch die Erforschung von Tieren, sowie der Natur- und Artenschutz im Vordergrund. Die meisten Tiergärten sind Mitglieder bei verschiedensten Artenschutz- und Erhaltungszuchtprogrammen, so auch der Tiergarten Schönbrunn, der Mitglied der EAZA (European Association of Zoos and Aquaria) ist. In Ihr vereinigen sich mehr als 300 Mitglieder um die innereuropäische Kooperation in Bezug auf Ausbildung, Forschung und Erhaltung zu forcieren.
Der Tiergarten Schönbrunn beteiligt sich an insgesamt 62 Erhaltungszuchtprogrammen und leistet somit einen wichtigen Beitrag. Die zugrundeliegenden Bedrohungen werden vor allem durch Umwelteinflüsse, Wilderei sowie durch Rückdrängung aus dem gewohnten Lebensraum durch Ansiedelungen von Menschen hervorgerufen.
[adsense:468×60:9459532571]
Verhaltensstörungen durch Gefangenschaft
Auch wenn in den letzten Jahren von den meisten Zoos vermehrtes Augenmerk auf die artgerechte Haltung von Wildtieren gelegt wird, wird diese trotzdem oft kritisiert und vielmals nicht eingehalten, sei es aus finanziellen oder platztechnischen Gründen. Bemerkbar macht sich dies durch die Größe der Gehege; in ihnen ist es den Tieren unmöglich, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben, was oft zu Verhaltensstörungen führt. Auch fehlende Rückzugsmöglichkeiten stellen ein Problem dar. Die räumliche Enge, Monotonie, künstliche Umgebungen, Reizarmut sowie das Fehlen eines intakten Sozialgefüges machen die Zootiere krank. An psychischen Störungen leiden Elefanten, die ständig mit dem Kopf wippen, Tiger, die den immer gleichen Kreis beschreiten und Affen die einen Salto nach dem anderen schlagen.
Weiters werden überzählige Jungtiere des Öfteren getötet oder nicht artgerecht versorgt und ihrem Schicksal überlassen, was zumeist zum Tode führt, wenn sich die Mütter nicht ordentlich um sie kümmern, ihre Babys verstoßen oder diese sogar selbst töten. Auch über stressbedingte Totgeburten wird nur selten berichtet. Es kommt auch vor, dass krampfhaft versucht wird, Nachwuchs durch gesteuerte Fortpflanzung zu züchten, um den Besucherandrang zu erhöhen, was dann oft darin resultiert, dass sich zu viele Tiere in einem Gehege befinden und es zu Machtkämpfen kommen kann.
Viele Tiere sind auch durch Inzucht innerhalb der Zoos vom Aussterben bedroht, weshalb vermehrt auf künstliche Befruchtung zurückgegriffen wird, die sich jedoch oft als mühsam, zeitaufwändig und auch anstrengend für die Tiere erweist. Durch das Fehlen einer stimulierenden Auswahl an Artgenossen kommt es in Zoos auch oft zu Homosexualität zwischen den Tieren sowie zur Masturbation.
Auch wird oft versucht, die nicht-domestizierten Wildtiere gewaltsam zu dressieren, dies geschieht vor allem bei Elefanten, deren Lebensraum ohnehin viel größer sein müsste und die die Nächte zumeist angekettet verbringen müssen. Vor allem auch bei Eisbären mangelt es oft an nicht-artgerechter Haltung, nicht nur durch viel zu kleine Areale, die ihren natürlichen Bewegungsdrang behindern, sondern auch durch fehlende Abkühlungsmöglichkeiten im Sommer, worunter diese und auch andere Tiere wie Pinguine, Nashörner und Nilpferde besonders leiden. Auch ältere Tiere haben keine Chance durch natürliche Selektion zu sterben, sondern vegetieren oftmals lange dahin oder werden erst dann eingeschläfert, wenn sie zu offensichtlich große Schmerzen erleiden und somit von den Besuchern nicht mehr gerne gesehen werden.
Manche Tierschutzorganisationen fordern daher ein generelles Import- und Zuchtverbot von Wildtieren sowie die Schließung von Tiergärten und im Gegenzug vermehrten Schutz von Wildtieren in ihrem natürlichen Lebensraum, was jedoch auf Grund der enormen Wilderei, die vor allem in Afrika und Asien eine gute Einnahmequelle für arme Länder darstellt, nur schwer umzusetzen ist.
Durch den Paradigmenwechsel vom Zurschaustellen und "Wettzüchten" von Tieren hin zum gezielten Artenerhalt hat sich der Zoo als wissenschaftlich wertvolle Einrichtung etabliert. Trotz der Existenz einiger schwarzer Schafe, kann der Fortbestand von Tiergärten jedoch legitimiert werden durch die Gewährleistung der gezielten Erhaltung von Tierarten, die in freier Wildbahn durch den Menschen vom Aussterben bedroht sind.
Fotos: Pale blue dot & Mu