Im Zuge der fragwürdigen Bildungsreformen, die österreichischen Schülern durch die Verleugnung von Leistungsunterschieden "individuelle Förderungen" versprechen, hat eine weitere abstruse Idee das Licht der Welt erblickt: An vier Wiener Schulen werden im Zuge eines Schulversuchs die Leistungen von Schülern der 5. und 6. Schulstufe ohne Noten beurteilt. Interessanterweise werden dafür nur Haupt- und Mittelschulen in Betracht gezogen. Die Motive des Stadtschulrats sind vordergründig die Kaschierung "möglicher Defizite" oder "individueller Bedürfnisse", wie die Situation in der Begründung des Schulversuchs beschrieben ist.
Natürlich verneinen die Verantwortlichen, dass der Versuch mangelhafte Deutschkenntnisse von Migranten oder unterdurchschnittliche Leistungen in der 4. Volksschulklasse verbergen möchte. Trotzdem war, abgesehen von Worthülsen und Selbstverständlichkeiten, kein eigentlicher Anlass in der Begründung das Versuchs zu finden, berichtet FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth aus der Kollegiumssitzung des Stadtschulrats. Die Freiheitlichen haben daher wie auch die Mitglieder der ÖVP diesen neuesten Einfall der roten Bildungsreformer abgelehnt und sich für die Beibehaltung der Leistungsbewertung eingesetzt – freilich ohne Erfolg gegen die mit absoluter Macht ausgestattete SPÖ.
Die Verzweiflung der Sozialdemokraten äußert sich – wie im roten Wien-Wahlkampf – auch in diesem Schulversuch in einem obligatorischen Angriff auf Werte und Tradition: Das Ziel ist eine Abkehr vom "traditionellen Frontalunterricht" und ein Ankämpfen gegen die angebliche "Unzulänglichkeit der traditionellen Formen von Leistungsbeurteilung". So wird der politische Kurs auch im ansonsten ziel- und planlosen Schulversuch verpackt.