Der europäische Rettungsschirm ist gespannt und die Bittsteller scheinen bereits Schlange zu stehen. Chronische Defizitländer können ihre Schulden auf andere abwälzen. In der Ökonomie bezeichnet man diese Situation als „moralisches Risiko“. Es besteht keinerlei Anreiz mehr für Schuldner, mit Geld sorgfältig umzugehen – schließlich können sie nicht pleite gehen.
Es zeichnete sich bereits ab: Nach Griechenland will und bekommt jetzt auch Irland unser Geld. Schätzungen des irischen Finanzministers Brian Lenihan zufolge, werde der Betrag vorläufig „mehrere zehn Milliarden Euro“ ausmachen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ist diese Schätzung sehr optimistisch. Anderen Quellen zufolge, soll der Betrag zwischen 45 und 90 Milliarden Euro ausmachen – geradezu ein Schnäppchen um Vergleich zu Griechenland. Saniert werden soll mit den Hilfsgeldern nicht das Budget, obwohl der Staatshaushalt ein rekordverdächtiges Defizit von 30 Prozent des BIP auszuweisen hat. Das Geld soll hauptsächlich dazu verwendet werden, den irischen Bankensektor zu sanieren. Wie Unzensuriert.at berichtete, steht dieser auf wackeligen Beinen. In den Bilanzen von Irlands Banken lagern „Toxic Papers“ im Ausmaß von dutzenden Milliarden Euro.
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Die Finanzmärkte betrachten die kleine Insel bereits mit zunehmenden Misstrauen. Der Spread auf irische Anleihen steigt. Sollte Irland sich nicht mehr refinanzieren können „sei noch eine gewisse Summe notwendig“, gestand Lenihan kleinlaut ein. Ähnlich wie die griechische, nimmt es auch die irische Regierung mit der Wahrheit nicht ganz so genau. Ministerpräsident Brian Cowen behauptete bis vor wenigen Tagen keinerlei Hilfsgelder zu benötigen, obwohl bereits informell Gespräche mit dem IWF und der EU geführt wurden. „Ihr habt gelogen. Ihr habt uns enttäuscht. Tretet zurück", verlangt deshalb der auflagenstarke „Sunday Independent“ in aller Schärfe. Eine berechtigte Forderung, der Cowen jetzt auch nachkommen will – allerdings erst, wenn er das Belastungspaket für seine Landsleute durchgedrückt hat.
Der Schaden für die europäische Gemeinschaftswährung lässt sich noch nicht ausmachen. Mittelfristig wird der Kurs des Euro unter diesen Rettungspaketen leiden. Auch die Bonität der restlichen Staaten innerhalb der Eurozone ist gefährdet. Analysten befürchten im schlimmsten Fall eine Abstufung der Ratings von Portugal und Spanien, zwei weiteren Sorgenkindern.
Die Übernahme immer neuer milliardenschwerer Haftungen wird die Zinslast ansteigen lassen. Dadurch werden neue Löcher in die Budgets gerissen, die es dann durch Aufnahme weiterer Kredite zu stopfen gilt.
Foto: maxime.bernier / flickr