In Österreich bekommt offenbar jeder Asyl. Auch ein mutmaßlicher Mörder wie Javier Figueroa. Dem 40-jährigen Ex-Polizisten aus Guatemala wird vorgeworfen, an der Ermordung von 17 Häftlingen beteiligt gewesen zu sein. In Oberösterreich lebt der per internationalem Haftbefehl gesuchte Mann aber auf freiem Fuß und wird sogar von Dorfpolizisten beschützt.
Guatemala heaufbschwören, wenn er nicht bald ausgeliefert wird.
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Als Figueroa über Costa Rica und Spanien nach Österreich flüchtete, stellte er am 23. Mai 2007 einen Asylantrag in der „Erstaufnahmestelle West“ in Thalham. Er bekam Asyl, weil die Behörden ihm glaubten, dass er selbst Opfer sei, von Drogenbossen gesucht werde und daher um sein Leben fürchten müsse. Seit August 2010 gibt es jedoch einen internationalen Haftbefehl gegen Figueroa, weshalb ihn die Dorfpolizisten, die eigentlich zu seinem Schutz abgestellt waren, festnahmen. Die Richterin im Landesgericht Ried verhängte Auslieferungshaft, ließ ihn aber – trotz Beschwerde der Staatsanwaltschaft – wieder gegen Kaution frei.
Oberlandesgericht Linz soll nun entscheiden
Unzensuriert.at fragte bei der Medienstelle des Landesgerichts Ried nach, was seit diesem 1. Juni, als Figueroa aus der Auslieferungshaft entlassen wurde, geschehen ist. „Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht Linz, weil der Anwalt von Figueroa Beschwerde erhoben hat. Dort wird in den nächsten Wochen über die weitere Vorgehensweise entschieden“, gab uns Dr. Walter Koller Auskunft. Noch interessanter als für die heimischen Medien ist die Causa Figueroa für die guatemaltekische Presse, die die Entwicklungen in Österreich mit Argusaugen beobachtet. Eine Journalistin der Zeitung El Periódico de Guatemala hat nach unserem letzten Bericht Kontakt mit Unzensuriert.at aufgenommen und um Informationsaustausch gebeten. Von ihr haben wir erfahren, dass gegen ein Mitglied der spanischen Guardia Civil ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs läuft. Der Beamte soll von Figueroa bestochen worden sein, wodurch diesem die Flucht erst gelungen sei. Für beide gilt die Unschuldsvermutung, auch was die Figueroa zur Last gelegten Morde betrifft.
Österreich hat Figueroa, Brasilien Battisti
Ob der Fall „Javier Figueroa“ zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Österreich und Guatemala führen wird, bleibt abzuwarten. Ein ähnliches Ereignis hat die Beziehungen zwischen Italien und Brasilien verschlechtert, weil der Oberste Gerichtshof Brasiliens eine Auslieferung des früheren italienischen Linksextremisten Cesare Battisti nach Italien ablehnte. Die Richter bestätigten mit ihrer Entscheidung einen entsprechenden Beschluss des früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Dieser hatte an seinem letzten Tag im Amt am 31. Dezember 2010 einem Auslieferungsantrag Italiens eine Absage erteilt. Außenminister Franco Frattini erklärte, dass der Beschluss des Obersten Gerichtshofs in Brasilien ein Affront für die Angehörigen von Battistis Opfern sei, die Gerechtigkeit verlangten.
Battisti soll als Gründungsmitglied der Gruppe „Bewaffnete Proletarier für den Kommunismus“ Ende der 1970er Jahre an vier Morden in Italien beteiligt gewesen sein. Besonders verwerflich soll der Mord an den Juwelier Pierluigi Torregiani gewesen sein: Er wurde vor seinem 13-jährigen Sohn erschossen, der ebenfalls schwer verletzt wurde. Er ist heute querschnittsgelähmt und macht Battisti für dieses schreckliche Verbrechen verantwortlich. So sagte er gegenüber der italienischen Presseagentur ANSA: „Es geht nicht um die Person des Cesare Battisti, sondern darum, dass alle wissen sollen, dass früher oder später jeder, der solche Verbrechen begangen hat, dafür einzustehen hat.“ Italien will nun beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag sein Glück versuchen, kündigte Ministerpräsident Silvio Berlusconi an.