In den siebziger Jahren, also in der Ära der SPÖ-Alleinregierung Bruno Kreisky, bestiegen viele den Fahrstuhl zur Macht. Politische und ökonomische Aufsteiger wie Hannes Androsch, Beppo Mauhart oder Franz Vranitzky machten neben Abenteurern wie Udo Proksch Karriere. Dazu kam die Schar der Nachwuchstalente aus dem ÖGB Anton Benyas, wie etwa Karl Sekanina oder Fritz Verzetnitsch. Eines war ihnen bei aller unterschiedlichen Herkunft und Prinzipientreue gemeinsam: der Zug zur Macht und der Wille, ganz nach oben zu gelangen. Zwei, deren Karriere ebenfalls in diesen Jahren begonnen hatte, waren der ÖGB-Experte Erich Schmidt und der Verstaatlichtenmanager Hugo Michael Sekyra.
Erich Schmidt: Gewerkschaftsökonom und SPÖ-Landwirtschaftsminister
foto: Erich Schmidt/parlamentsdirektion©
Erich Schmidt hatte Volkswirtschaftslehre studiert und heuerte Ende der sechziger Jahre beim Institut für Höhere Studien als Ökonom an. 1970 wechselte er in die volkswirtschaftliche Abteilung des ÖGB, deren Leitung er 1976 übernahm. Schmidt war eines jener Nachwuchstalente, die sowohl von Gewerkschaftspräsident Benya als auch von SPÖ-Bundeskanzler Kreisky gefördert wurden. Bereits 1979 zog Schmidt in den Nationalrat ein und im Jahre 1983 folgte seine Ernennung zum SPÖ Staatssekretär für Handel, Gewerbe und Industrie. Nach dem rot-schwarzen Weinskandal 1985, dem auch der SPÖ-Landwirtschaftsminister Günther Haiden zum Opfer fiel, wurde Schmidt sogar roter Ressortchef und brachte das neue Weingesetz auf die Welt. Nach der Nationalratswahl 1986 schied Schmidt aus dem Landwirtschaftsressort aus und wurde Unternehmer. Sein Nationalratsmandat legte er 1988 zurück. Er engagierte sich nach dem Ende des Eisernen Vorhangs vor allem in Osteueropa, wobei er seine früheren politischen Kontakte nutzte.
Hugo Michael Sekyra: Verstaatlichtenmanager und Sanierer
Hugo Michael Sekyra hatte Rechtswissenschaften studiert und war unmittelbar nachher in den Bereich der Verstaatlichten Schwerindustrie eingestiegen. Sein beruflicher Aufstieg begann parallel mit dem späteren SPÖ-Verstaatlichtenminister Rudolf Streicher in der AMAG. Als Streicher 1986 Verstaatlichtenminister wurde, holte er seinen Weggefährten Sekyra in die Vorstandsetage der ÖIAG. Nach den politischen Vorgaben Streichers sollte Sekyra den maroden verstaatlichten Industriesektor sanieren und umstrukturieren. Als Streicher 1992 als SPÖ-Präsidentschaftskandidat gegen Thomas Klestil scheiterte und sich dann aus der Politik zurückzog, waren auch Sekyras Tage in der ÖIAG gezählt. Er schied aus und ging in die Privatwirtschaft. Und auch ihn führte der Weg – genauso wie Schmidt- hinter den ehemaligen Eisernen Vorhang.
Novafrost und Chemapol
Ex-Landwirtschaftsminister Schmidt beteiligte sich unter anderem an der slowakischen Kühlfirma Novafrost. Dieses und andere Ostengagements führten ihn immer weiter in die Verschuldung. Schlussendlich häuften sich bei ihm Verbindlichkeiten von insgesamt 175 Millionen Schilling an, Schmidt musste in Privatkonkurs gehen. Zuvor hatten sich aber noch die Wege von Schmidt und Sekyra in Sachen Novafrost gekreuzt. Sekyra, der als Vorstand die Firma Chemapol in Tschechien leitete, übernahm aus bis heute nicht geklärten Gründen eine Haftung für Schmidts Novafrost, die er erworben hatte. Schlussendlich hatte auch Sekyra aus diesem Engagement 83,5 Millionen Schilling Schulden. Dazu kamen Probleme im Zusammenhang mit dem Ende seiner Vorstandsposition in der Firma Chemapol, wo er dem Chemapol-Aufsichtsratschef Vaclav Junek vor seinem Rauswurf vorgeworfen hatte, maßgebliche Finanzmittel aus der Chemapol-Gruppe für eine andere Firma abgeschöpft zu haben.
Privatkonkurs für Schmidt und Selbstmord von Sekyra
Wenige Tage später, am 20. November 1998, wurde Hugo Michael Sekyra in seiner Wiener Wohnung tot aufgefunden, wobei die ermittelnden Behörden damals von einem Selbstmord ausgingen. Welche genauen Zusammenhänge es mit Novafrost und Chemapol auf sich hatte, blieb für die Öffentlichkeit im Verborgenen. Über seine Verlassenschaft wurde Konkurs verhängt. Im Mai 1999 musste auch Schmidt Insolvenz anmelden. Der frühere Minister, der nach dem Ende seiner unrühmlichen Unternehmerkarriere eine Politikerpension bezog, hatte für die insgesamt aushaftenden 175 Millionen Schilling lediglich eine Quote von 2,3 Prozent angeboten. Ein drohendes Strafverfahren wurde von Bundespräsident Thomas Klestil 2002 „niedergeschlagen“, wie das Web Lexikon Das Rote Wien zu berichten weiß. Die Gläubigerbanken gingen in beiden Fällen leer aus.
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