Siedler-Aufstand in Kagran. Rund 500 Personen kamen zur Sonntag-Demo auf den Mergenthaler Platz in der Freihofsiedlung und protestierten gegen „Zinswucher“. Sie sollen zwischen 500 und 600 Euro pro Monat mehr Nutzungsentgelt zahlen. Zwei Feindbilder wurden ausgemacht: SP-Gemeinderätin Ingrid Schubert, der als Siedlungsunion-Vorstand ein „doppeltes Spiel“ vorgeworfen wurde. Und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), der die Erhöhung verlangte.
Foto: FPÖ
600 Euro mehr pro Monat können sich viele nicht leisten. Daher ist die Aufregung in der Siedlung Freihof in Kagran groß. Dort haben die Vorfahren der heutigen Siedler in den zwanziger und dreißigerJahren auf so genannten Baurechtsgründen Häuser gebaut und mitgeholfen, die Infrastruktur zu schaffen. Damit ergab sich folgende Situation: Der Grund blieb im Eigentum der Gemeinde, die Häuser gingen in den Besitz der roten Genossenschaft Siedlungsunion, die von den Nutzern Entgelt verlangte. Dieses war aufgrund der Eigenleistungen der Siedler sehr niedrig und auf Jahrzehnte gesichert. Einige dieser Baurechtsverträge laufen nun aus, weshalb die Stadt Wien von der Genossenschaft mehr Geld für die Grundstücke verlangt. Die Genossenschaft will daher die Nutzungsentgelte empfindlich erhöhen.
SP-Gemeinderätin Ingrid Schubert ist Vorstand in der Siedlungsunion. Ihr nehmen die Siedler übel, dass sie ihre eigentliche Aufgabe, die Mitglieder der Genossenschaft gegenüber der Stadt zu vertreten, nicht wahrnehme. Stattdessen würde sie als Diener ihres Herrn, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, auf der Seite der Stadt Wien stehen. Daher fragte ein Teilnehmer der Kundgebung auch, „wo ist eigentlich die Frau Schubert?“ Die SP-Gemeinderätin ließ sich bei den aufgebrachten Siedlern nicht blicken. Stattdessen führte ein gewisser Franz Xaver Ludwig das Wort. Unter tosendem Applaus der Versammelten warf er Schubert vor, lieber Eigeninteressen statt die Interessen der Siedler zu vertreten. Er rief zu Neuwahlen in der Genossenschaft auf, „damit die neugewählten Funktionäre dann die Sumpflandschaft trocken legen können“.
Rechtsgutachten und Gründung des „Schutzrings“
bekunden ihre Solidarität und wollen weitere Schritte setzen.
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Unterstützung kam von der FPÖ: Der Wiener Gemeinderat Alfred Wansch und der Donaustädter Bezirksvorsteher-Stellvertreter Werner Hammer waren als einzige Parteienvertreter zur Kundgebung gekommen, um zu zeigen, dass sie hinter den Forderungen der Siedler stehen. Wansch hat im Gemeinderat entsprechende Anträge gestellt, Hammer in der Bezirksvorstehung. Beide Male ohne Erfolg, denn die rot-grüne Mehrheit stimmte immer dagegen. Wansch gibt aber nicht auf: Ein Rechtsgutachten, von ihm in Auftrag gegeben, soll klären, ob die Siedlungsunion die Erhöhung der Baurechtszinse durch die Stadt so einfach den Siedlern weiterverrechnen darf. Außerdem gründet der Donaustädter FP-Gemeinderat gerade den Verein „Schutzring“, um die Baurechtssiedler besser schützen zu können. Es gibt immerhin 15.000 Menschen in Wien, die davon betroffen und – wenn sie sich nicht wehren – der Willkür der rot-grünen Stadtregierung ausgesetzt sind.