Eine Gruppe von neuen Beratern betreibt derzeit gemeinsam mit der 90-jährigen Gertrud Meschar und mit tatkräftiger Unterstützung durch die Medien die Abberufung des Vorstands der Gertrud Meschar Privatstiftung. Martin Graf hat sich mit sofortiger Wirkung zurückgezogen, Alfred Wansch und Michael Witt sind noch im Amt. Als eine Art Sprecher gegenüber Medien fungiert der Wiener Rechtsanwalt Alexander Hofmann. Dessen Motive, in den Stiftungsvorstand einzuziehen, wurden bisher nicht hinterfragt, werden jedoch durch einen Unzensuriert.at vorliegenden Aktenvermerk in Zweifel gezogen.
Das dreieinhalbseitige Protokoll wurde von Alfred Wansch, einem der aktuellen Stiftungsvorstände, verfasst. Thema ist eine Bauverhandlung am 28. März dieses Jahres über die geplante Errichtung eines Bauwerks auf dem Nachbargrundstück der von Frau Meschar an der Alten Donau bewohnten Liegenschaft. Wansch vertrat dort die Stiftung. Überraschend ebenfalls anwesend: Rechtsanwalt Hofmann und der Sprecher der Bürgerinitiative Alte Donau, Arno Aigner, beide im Abberufungsantrag von Frau Meschar als neue Stiftungsvorstände vorgeschlagen. Wansch protokolliert dazu:
Auf meine Frage, ob sie von Fr. Meschar bevollmächtigt sind, geben sie an, nicht bevollmächtigt zu sein und überhaupt keine Vollmacht von Fr. Meschar besitzen. Sie seien lediglich die in ihrem Absetzungsantrag genannten vorgeschlagenen neuen Vorstandsmitglieder.
Wansch sah daher "mangels Vollmacht keine Legitimation für eine Teilnahme" der beiden Herren an der Bauverhandlung. Dennoch durften beide als Gäste an der Verhandlung teilnehmen, die eher unspektakulär verlief. Interessant wird es nach dem Ende. Wansch notiert:
Vor dem Verhandlungssaal geht Dr. Hoffmann auf Herrn XXX [den Geschäftsführer der am Nachbargrundstück planenden Baufirma, Anm.] zu und befragt ihn, wie der Grundstückswert in dieser Gegend anzusetzen wäre und wie viel für einen Quadratmeter Wohnungseigentum zu erzielen wäre.
Liegenschaftsentwicklungs- und Verwertungspläne zu Lebzeiten der Stifterin?
Wansch wurde es dann offensichtlich zu bunt und er unterbrach das Gespräch mit dem
Hinweis, dass ich mit Befremden feststelle, dass Personen, für die es noch völlig unklar ist, ob sie jemals Vorstand der Stiftung werden, bereits offen zu Lebzeiten der Stifterin, welche ein lebenslanges Wohnrecht besitzt, Liegenschaftsentwicklungs- und Verwertungspläne schmieden und in diese Richtung bereits konkrete Anfragen äußern.
Ein schwerwiegender Verdacht: Wollen die neuen Stiftungsvorstände das von Frau Meschar bewohnte Grundstück verbauen? Möglicherweise noch zu ihren Lebzeiten? Rechtsanwalt Hofmann erklärt seine Neugier gegenüber Unzensuriert.at so:
Nach der von Frau Meschar gegebenen Information hatte diese ursprünglich nicht die Absicht, die Liegenschaft mit ihrem Wohnhaus in die Stiftung einzubringen. Frau Meschar behauptet, sie sei dazu „überredet“ worden. Um eine allfällige strafrechtliche Qualifikation im Zusammenhang mit dem Gründungsakt zu prüfen, ist eine Klärung der Marktverhältnisse auch im Bezug auf die Lage des Wohnhauses angezeigt.
Wir auch der neue Vorstand unentgeltlich tätig werden?
Glaubt man dieser Darstellung, so wollte Hofmann wohl eine Art „Schnellgutachten“ über den Wert des bestehenden Hauses einholen. Ausweichend antwortet der Rechtsanwalt auf die Frage, ob auch er für die Stiftung unentgeltlich tätig sein würde. Martin Graf hatte zuletzt in einem Kurier-Interview den Vorwurf erhoben, dass sich der von Meschar vorgeschlagene Vorstand dazu in Vergleichsgesprächen nicht schriftlich verpflichten habe wollen. Dazu Hofmann:
Sollte mich das Gericht zum Stiftungsvorstand bestellen, wäre ich an die Vergütungsregelungen der Stiftungserklärung gebunden. Diese Regelungen könnten nur dann geändert werden, wenn sie geänderten Verhältnissen anzupassen wären, was aus heutiger Sicht nicht ansteht.
Eine Formulierung mit Variablen: geänderte Verhältnisse, heutige Sicht. Und was treibt den Experten überhaupt in diese kleine Stiftung, wo doch seinen öffentlichen Aussagen zufolge die Errichtung einer Stiftung erst ab einem Vermögen von zehn bis zwanzig Millionen Euro sinnvoll erscheint?
Ich habe der Aufnahme in den Bestellungsvorschlag zugestimmt, weil das Stiftungsrecht zu den Schwerpunkten meiner Praxis gehört und die Stiftung, die nun einmal gegründet wurde, einen Vorstand benötigt, der für die Erfüllung des Stiftungszwecks sorgt.
Hofmann beabsichtigt also – die Vorstandsberufung durch das Handelsgericht vorausgesetzt – in altruistischer Weise, die Interessen von Frau Meschar zu vertreten – "aus heutiger Sicht". Ob sich bereits weitere Stifter mit der Bitte um unentgeltliche Vorstandstätigkeit an ihn gewandt haben und ob er diesen Bitten ebenso nachkommen würde, weil schließlich jede Stiftung "einen Vorstand benötigt", ist nicht bekannt.