Tschechien entlässt überraschend ein Viertel seiner Strafgefangenen. Die Entscheidung von Staatspräsidenten Vaclav Klaus überrascht Regierung und Opposition gleichermaßen. Klaus beruft sich auf das Amnestierecht, das in der Verfassung verankert sei. Alle Gefangenen kommen frei, die eine Haftstrafe von nicht mehr als einem Jahr absitzen. Entlassen werden auch ältere Verurteilte über 75 Jahren, wenn sie eine Strafe von bis zu 10 Jahren verbüßen müssen. Neben gewöhnlichen Kriminellen sollen auch prominente Korruptionstäter und Wirtschaftskriminelle schon in den nächsten Tagen in die Freiheit entlassen werden.
Nicht weniger als 7.500 Strafgefangene werden durch diese Amnestie, die anlässlich des 20-Jahre-Jubiläums der Trennung von Tschechien und der Slowakei durch Klaus erlassen worden ist, auf die tschechische Gesellschaft losgelassen. Der Justizvollzugsdienst war im Vorfeld nicht über die Maßnahme des Präsidenten informiert worden. Lediglich Ministerpräsident Petr Nečas und Justizminister Pavel Blažek wussten Bescheid.
Kriminalität im In- und Ausland könnte steigen
Nicht begeistert ist die tschechische Polizei. Sie will jedenfalls in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt Streifendienste fahren, um zu verhindern, dass freigelassene Häftlinge neuerlich Straftaten begehen können. Unklar ist auch, wie Tschechiens Nachbarstaaten auf die Amnestie reagieren. Es wird erwartet, dass sich zahlreiche Ex-Häftlinge nach Deutschland oder Österreich absetzen. Dann könnten auch diese Länder vor einem steigenden Kriminalitätsproblem stehen.