Das Wegfallen der 5-Prozent- und nachher auch der Drei-Prozent-Hürde machten in Deutschland für zahlreiche Kleinparteien den Weg frei ins EU-Parlament. Den Einzug schafften mit je einem Mandat die Freien Wähler, die NPD, die vorübergehend medial massiv unterstützten Piraten, die Satiretruppe “Die Partei” sowie die Tierschutzpartei. Dazu kommen die Familienpartei und die ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) – zwei Gruppierungen mit klar konservativem Profil. Unzensuriert.at sprach mit dem Mandatar der ÖDP, Prof. Klaus Buchner (ÖDP). Der Münchner Atomphysiker hat sich zum glühenden Atomkraft-Gegner entwickelt. In Bayern hat die ÖDP mit 2,7 Prozent den Grundstein für den Einzug ins EU-Parlament gelegt.
Klare Abgrenzung von den Grünen
Die ÖDP positioniert sich als konservative Umweltpartei. Buchner selbst ist auf seiner Webseite bemüht, unter dem Titel “Orange ist das bessere Grün” Unterschiede zu den deutschen Grünen herauszuarbeiten. Zwei davon nennt der neue EU-Mandatar Buchner im Unzensuriert-Gespräch: “Die ÖDP ist wirklich pazifistisch, die Grünen waren das einmal. Die ÖDP legt größten Wert auf eine Demokratisierung der EU, die Grünen halten die EU für ausreichend demokratisch.” Das konservative Weltbild zeigt sich auch beim Zugang zur Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Buchner: “In der Familienpolitik sind wir der Meinung, dass Eltern das Recht haben sollen, ihre Kinder selbst zu erziehen. Doch diese Eltern haben klare Nachteile, vor allem bei der Rente, während Kinderkrippenplätze einseitig gefördert werden.”
Die ÖDP kämpft auch mit juristischen Mitteln für ihre Rechte und die Rechte der europäischen Bürger. So hat die Partei – wenngleich erfolglos – gegen den Lissabon-Vertrag geklagt und war auch daran beteiligt, die Sperrklausel bei den EU-Wahlen zu Fall zu bringen. Ein Umstand, der vor allem die etablierten Parteien massiv schmerzt. “Besonders die Unionsparteien klagen jetzt darüber, dass es eine Zersplitterung im EU-Parlament gebe. In Wahrheit tut es ihnen weh, dass sie dadurch Mandate verloren haben”, so Buchner. Nach dem Fall der 3-Prozenthürde war der Weg für die ÖDP ins Europa-Parlament frei. Man habe in der Partei mit dem Einzug gerechnet und in Summe etwas mehr erwartet als die rund 185.000 Stimmen, die 0,6 Prozent der gültigen Stimmen entsprechen.
Haltung zu Atomenergie als Knackpunkt für Fraktion
Im EU-Parlament nimmt Buchner diese Woche persönlich Verhandlungen über eine Fraktionszugehörigkeit auf. In der engeren Auswahl stehen – trotz der genannten Unterschiede – die Grünen und die Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) unter Führung der britischen Tories. Buchner sieht hier jedoch Schwierigkeiten: “Bei der ECR haben wir das Problem, dass darin zwei Parteien vertreten sind, die Atomenergie klar befürworten. Das können wir unseren Wählern nur sehr schwer erklären.” Eine Zusammenarbeit mit den konservativen EU-Kritikern wie Nigel Farage oder Marine Le Pen sei für die ÖDP nicht in Frage gekommen, “weil wir Europa als etwas Erhaltenswertes erachten, wenn auch Reformen nötig sind”, sagt Buchner.
Im EU-Parlament will sich der ÖDP-Mandatar nun besonders einem Thema widmen: “Mein Hauptziel ist die Verhinderung des Freihandelsabkommens mit den USA, denn dieses bedeutet das Ende der Demokratie und das Ende der Rechtsstaatlichkeit.”
Lesen Sie hier den Artikel über die Familienpartei und ihren EU-Mandatar Arne Gericke.