Ö1-Mittagsjournal-Hörer trauten ihren Ohren nicht. Da stellte sich die nunmehrige Präsidentin des Nationalrats und vormalige umstrittene Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hin und sprach ÖBB-Chef Christian Kern die Qualifikation als geeigneter Kandidat für den SPÖ-Chefposten ab. Kern, der von den roten Freunden zum Manager des größten Staatsunternehmen gemacht wurde, kann also ein Milliardenunternehmen führen, eine Partei aber nicht. Faymann, der nur ein abgebrochenes Studium und eine Karriere in der Partei samt siebenjährigem Loch im Lebenslauf vorweisen kann, sei dagegen geeignet für diesen Job.
Dass es überhaupt zu diesem Interview und zu Spekulationen um eine mögliche Ablöse Faymanns kam, hat mit dem schlechten Abschneiden des SPÖ-Chefs beim Parteitag Ende November zu tun. Als nur 83,9 Prozent der Delegierten für ihn stimmten, war Feuer am Dach. Seither gebe es "etwas Unruhe" in der SPÖ, gestand Bures im Radio ein. Danach äußerte sie sich zu möglichen Faymann-Nachfolgern. ÖBB-Chef Christian Kern wird da gerne ins Spiel gebracht. Doch der schmeckt der Faymann-Vertrauten Bures überhaupt nicht – weshalb sie im Mittagsjournal mit komischen Vergleichen gleich Stellung bezog: "So wie ich nicht so eine gute Bahn-Managerin wäre, wäre er nicht so ein guter Politiker", sagte sie.
Eigenlob stinkt
Bures bestimmt also, wer ein guter Politiker ist und wer es lieber sein lassen sollte, SPÖ-Chef und vielleicht Bundeskanzler zu werden. Ihren Worten folgend hält sich Dores Bures für eine schlechte Managerin, dafür aber für eine gute Politikerin. Abgesehen davon, dass Eigenlob sowieso stinkt, ist Bures bis dato nicht gerade mit großartigen politischen Projekten aufgefallen, sondern eher mit Taten jenseits der Grenze zur Seriosität. Noch gut in Erinnerung ist da die Fahrt ihrer Tochter und deren Freundes mit dem Dienstwagen zur Weinverkostung. Auch die unter ihrer Führung als Verkehrsministerin durchgeführte Alkoholkampagne geriet so sehr ins Zwielicht, dass die Staatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs ermittelte. Ihre Millionenkampagne für die Rettungsgasse roch ganz stark nach Kuhhandel. Und weil die Ministerin dem Vernehmen nach freihändig Werbeeinschaltungen an Medien vergab, kam es zum Zwist mit ihrer eigenen Mitarbeiterin.