In der Türkei hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in der Nacht zum Donnerstag nach einer Sondersitzung des Nationalen Sicherheitsrates und des Kabinetts in Ankara den Ausnahmezustand verhängt, der vorerst drei Monate gelten soll. Dem türkischen Despoten bringt das eine Fülle von Macht ein. Er kann nun per Dekret regieren, Behörden können Ausgangssperren verhängen, Versammlungen untersagen und Medien-Berichterstattung kontrollieren oder verbieten. Möglich sind auch Personen- und Hauskontrollen.
Einfache Mehrheit im Parlament reicht
Erdogan begründete den Ausnahmezustand mit Artikel 120 der Verfassung. Dieser erlaubt den Schritt bei "weit verbreiteten Gewaltakten zur Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Ordnung" oder bei einem "gravierenden Verfall der öffentlichen Ordnung". Der Beschluss wurde umgehend im Amtsanzeiger veröffentlicht. Das Parlament muss den Ausnahmezustand mit einer einfachen Mehrheit bestätigen. Die AKP hat dafür genügend Sitze. Der Beschluss soll heute vorgelegt werden.
Ausnahmezustand kann sechs Monate dauern
Danach kann das Parlament die Dauer des Ausnahmezustands verändern, ihn aufheben oder ihn auf Bitte des Kabinetts verlängern. Maximal darf er um drei Monate, auf sechs Monate insgesamt, verlängert werden. Zuvor hatte der Nationale Sicherheitsrat getagt Erstmals seit dem Putschversuch war am Mittwoch der Nationale Sicherheitsrat unter Erdogan zusammengekommen. Anschließend tagte das Kabinett unter dem Vorsitz des Präsidenten, um über neue Maßnahmen im Kampf gegen die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen zu beraten.
Erdogan macht Gülen für den Umsturzversuch aus den Reihen des Militärs mit mehr als 260 Toten verantwortlich. Seit dem Putschversuch geht die Regierung mit harter Hand gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor. Zehntausende Staatsbedienstete wurden suspendiert, mehr als 8.500 Menschen festgenommen.