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Ungarn und Viktor Orbán würdigen Otto von Habsburg mit einem Archiv auf der Budapester Burg. Österreich schaut durch die Finger.

23. Dezember 2016 / 16:00 Uhr

Otto von Habsburgs Erben haben kein Vertrauen in Österreich – Nachlass kommt nach Ungarn

Am 4. Juli 2011 starb im Alter von 98 Jahren Dr. Otto von Habsburg-Lothringen, Sohn des letzten österreichischen Kaisers und ungarischen Königs Karl (in Österreich der I., in Ungarn der IV.). Er wirkte als Schriftsteller, Publizist und Politiker der deutschen CSU, für die er im Europaparlament saß. Er besaß die Staatsbürgerschaften von Österreich (nur hier wird sein Name ohne „von“ verwendet), Ungarn, Deutschland und Kroatien.

Umfangreicher Nachlass

Und egal wie man zu ihm politisch stand oder steht, Otto von Habsburg war zweifelsohne einer der interessantesten Persönlichkeiten Europas, die überdies einen umfangreichen Nachlass hinterlassen hat. Diesen zu verwalten und auszuwerten, wäre sicherlich eine erstrebenswerte Aufgabe und wie kolportiert wird, haben sich das Österreichische Staatsarchiv und ebenso das Stift Klosterneuburg um die Hinterlassenschaft bemüht.

Viktor Orbán befürwortete Otto-Habsburg-Archiv

Allerdings dürfte das Vertrauen der Familie Habsburg in den Nachlass-Standort Österreich nicht das größte gewesen sein, denn man entschied sich, Ungarn den Vorzug zu geben. Diese Entscheidung dürfte auf ein Gespräch zurückgehen, welches der in Ungarn lebende zweitgeborene Sohn Ottos mit Viktor Orbán Anfang 2016 geführt hat. Dort soll Georg von Habsburg den ungarischen Ministerpräsidenten gefragt haben, „was mit dem Archiv meines Vaters vorgesehen sei und ob Ungarn als Standort für das Otto-Habsburg- Archiv infrage käme“.

Ungarn schuf gesetzliche Rahmenbedingungen

Und Ungarn kommt tatsächlich in Frage. Denn das Budapester Parlament verabschiedete im Herbst ein Gesetz, welches der Regierung erlaubt, Stiftungen zu gründen. Laut ungarischen Medienberichten wird auch gleich die erste Stiftung dieser Art die „Otto-Habsburg-Stiftung“ sein, über die das Parlament gleichzeitig ein eigenes Gesetz erließ. In diesem wurde festgelegt, dass der Nachlass, der weiterhin im Besitz der Familie Habsburg bleibt, in der Budapester Burg wissenschaftlich aufbereitet und digitalisiert wird. Wegen Adaptierung der Burg dürfte es noch bis Mitte 2018 dauern, bis das Archiv eröffnet wird.

Kein Vertrauen der Familie Habsburg in österreichische Institution

Als Begründung, weswegen der Nachlass nicht dem Österreichischen Staatsarchiv, wo Dokumente der Habsburger bis zurück ins 12. Jahrhundert lagern, übergeben worden ist, wird von der Familie Habsburg argumentiert, dass sie das Erbe Otto von Habsburgs nicht einer staatlichen Institution überlassen wollen. Außerdem sei es der Familie ein besonderes Anliegen, dass das Archiv gerade in Ungarn eine Heimstätte bekommt.

Mit ein Grund dürfte aber auch der schändliche Umgang der Republik mit den Habsburgern nach dem zweiten Weltkrieg gewesen sein. Das verhängte Einreiseverbot, trotzt Staatsbürgerschaft, verhinderte etwa die Teilnahme  Kaiserin Zitas am Begräbnis ihrer eigenen Tochter in Wien.

Der Körper in Österreich, das Herz in Ungarn

Besonders in Ungarn ist Otto von Habsburgs Lebenswerk immer wieder gewürdigt worden. Für viele Ungarn galt daher der Kaisersohn, der auch fließend Ungarisch sprach, als „Beschützer der Ungarn“, weswegen er nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in über 80 Gemeinden sogar zum Ehrenbürger ernannt worden ist. Und in seiner letzten Verfügung wünschte er sich, dass „der Körper in Österreich, das Herz in Ungarn“ bestattet werden soll. So wurde sein Körper in der Kapuzinergruft in Wien beigesetzt, sein Herz aber in der Erzabtei Pannonhalma in Nordwestungarn.

Otto von Habsburg schätzte die JUNGE FREIHEIT

Aber nicht nur die Ungarn waren Otto von Habsburg ein Anliegen, sondern auch ungerechte Anschuldigungen oder Diffamierungen, wie etwa gegen die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT, die er schätzte und der er gerne als Interviewpartner zur Verfügung stand. Als man versuchte, diese Zeitung als „rechtsextremistisch“ zu schubladisieren und sie 2006 sogar von der Leipziger Buchmesse verbannte, setzte er sich in einer Petition für die JUNGE FREIHEIT ein.

Alles in allem muss man Ungarn und Viktor Orbán danken, dass sie Otto von Habsburg mit dem Archiv auf der Budapester Burg ein würdiges Andenken setzen. Auch in diesem Sinne, dass der Sohn des letzten ungarischen Königs (was er für die Ungarn ja war) sich nie dem Mainstream beugte und stets eine eigene Meinung vertreten hatte, die allerdings viele nicht hören wollten.

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