Im neunten Wiener Gemeindebezirk Alsergrund weht ein frischer Wind. Nachdem die bisherige SPÖ-Führung weggeputscht wurde, werden auch gleich interessante Forderungen gestellt.
“Überraschende” Kandidatur von irakischer Kurdin
Am 12. März sollte planmäßig die Nachfolge der scheidenden Bezirkschefin Martina Malyar geregelt werden. Die gelernte Diplompädagogin wechselt am 25. Juni nach einer 15-jährigen Amtsperiode zurück in die Schule.
Planmäßig war auch der Termin, außerplanmäßig jedoch die Kandidatur der bisherigen stellvertretenden Klubchefin der Bezirkspartei, Saya Ahmad, gegen den designierten Nachfolger und Bezirksvorsteher-Stellvertreter Thomas Liebich. Die aus dem Irak stammende Kurdin stellte sich “überraschend” zur Wahl und setzte sich in einer Kampfabstimmung mit 71 zu 26 Stimmen der SPÖ-Bezirksdelegierten gegen den Österreicher durch.
Ahmad, die erst seit 2013 die SPÖ als Bezirksrätin in der Bezirksvertretung am Alsergrund vertritt, war bis vor Kurzem auch Pressemitarbeiterin von Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger. Frauenberger gilt gemeinsam mit Finanzstadträtin Renate Brauner als klare Ablösekandidatin unter dem neuen Bürgermeister Michael Ludwig.
SPÖ-Sektion für Ausländer-Wahlrecht
Auf dem Bezirksparteitag wurden jedoch nicht nur personelle Weichen gestellt, vielmehr sind die inhaltlichen Weichen der Wiener SPÖ-Sektion für Österreich bedeutend.
Die Wiener SPÖ-Sektion Alsergrund fordert mit großer Mehrheit eine österreichweite Änderung des Wahlrechts und der Verfassung, damit jeder Ausländer das aktive Wahlrecht bereits drei Jahre nach seiner Ankunft in Österreich erhält. Der Besitz einer Staatsbürgerschaft soll dafür nicht mehr erforderlich sein. Damit wären auch alle Asylwerber wahlberechtigt.
Unterstützung von Falter-Schreiberin
Die Künstlerin Andrea Maria Dusl (56), die seit vielen Jahren für Profil, News, Der Standard, Kurier und Der Falter schreibt, erklärt die SPÖ-Forderung so:
Es muss das Ziel und die Identität der Sozialdemokratie sein, allen Mitbürgern nach einer angemessenen Frist, die weder zu kurz noch zu lange sein soll, eine Stimme zu geben, ihnen also das Wahlrecht zu verleihen.
Die Sozialdemokratie sei ihr zufolge die natürliche politische Heimat der meisten dieser Menschen – womit auch klar ist, worum es geht: Nachdem die Inländer der SPÖ immer öfter den Rücken kehren, sollen die hunderttausenden Migranten die Wählerlücken schließen.
Die Folgen scheinen der SPÖ egal. Vielleicht zumindest dem Genossen Liebich ab jetzt nicht mehr.