Die Wiener Lesben- und Schwulenparade sollte angeblich Ziel eines Terroranschlages werden. Die Verdächtigen wurde mittlerweile alle enthaftet.

27. Juni 2023 / 20:40 Uhr

Neue ÖVP-Strategie: „Flood the zone with shit”

Am 18. Juni 2023 wurde bekannt, dass drei Islamisten auf die diesjährige Schwulen- und Lesbenparade in Wien einen terroristischen Anschlag geplant hatten. Medienwirksam rief das Innenministerium zu einer Pressekonferenz und präsentierte die vermeintlichen „Beweise“, welche die drei Täter – Tschetschenen und Bosnier – im Alter von 14, 17 und 20 Jahren überführen sollten.

Fragwürdiger Terrorvorwurf

Bei der Hausdurchsuchung waren zahlreiche Waffen, wie etwa Schlagringe, Wurfsterne und Schreckschusspistolen beschlagnahmt worden. Auffällig war schon damals, dass keine einzige scharfe Waffe sichergestellt werden konnte.

Bemerkenswert war zudem, dass die Pressekonferenz mit der „Sensationsmeldung“ und dem anschließenden Eigenlob des Innenministers just zu dem Zeitpunkt stattfand, als der unter chaotischen Zuständen frisch gewählte SPÖ-Chef seine erste ORF-Pressestunde abhielt.

Im Zuge der eilig einberufenen Pressekonferenz betonten DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl, warum man die Homo-Parade hat laufen lassen und auch darüber, „dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Besucher bestanden hat”. Schon während dieser Pressekonferenz kamen erhebliche Zweifel an der offiziellen Darstellung der Polizeispitze auf. „Es wird wohl kaum jemand annehmen, dass drei jugendliche Täter mit Messern und Schreckschusspistolen gegen eine Hundertschaft an Polizeibeamten, die zur Sicherung der Regenbogenparade abgestellt waren, eine Chance hätten“, stellte etwa der Generalsekretär der FPÖ, Christian Hafenecker, in einer Stellungnahme fest.

Die ÖVP fordert – die DSN liefert!

Tatsächlich zeigte dann auch die weitere Entwicklung dieses Falles, dass offenbar einmal mehr die DSN, mit ihrem ÖVP-nahen Chef Omar Haijawi-Pirchner, für den ÖVP-Innenminister aktiv geworden ist. Omar Haijawi-Pirchner ist ja innerhalb der Volkspartei kein Unbekannter. Alleine seine Bestellung zum obersten Staatsschützer sorgte im Jahr 2021 für Aufregung und viel öffentliche Kritik. Unzensuriert hat im Zuge seiner Bestellung damals umfassend berichtet.

Die drei Täter werden enthaftet

Am 23. Juni, also 5 Tage nach dem vermeintlichen Polizeicoup, wurden die Verdächtigen aus der U-Haft entlassen. Die Verfahren laufen zwar indes weiter und die Tatverdächtigen müssen sich jetzt einer Deradikalisierungsschulung unterziehen, die Optik für die Polizei, die DSN und das Innenministerium ist jedoch fatal. Während man am 18. Juni noch von hochgefährlichen Terroristen ausgegangen ist, spazieren diese ein paar Tage später wieder aus der U-Haft und es bleibt ein fahler Nachgeschmack, der nach politischer Intervention und Missbrauch schmeckt. Warum sich Beamte, wie etwa der Wiener Polizeipräsident Pürstl, für so eine vermeintliche Schmierenkomödie hergeben, wird ein Mysterium bleiben.

ÖVP benötigt dringend Erfolge

Über die Hintergründe dieser aufgeblasenen Terrorgeschichte kann indes nur spekuliert werden. Tatsächlich scheint es allerdings so zu sein, dass die ÖVP Ministerien nunmehr dringend „Erfolge“ aufweisen müssen und dafür jedes Mittel recht erscheint. Die chronisch schwächelnde Volkspartei, die in den Umfragen um Platz drei kämpft, muss rund ein Jahr vor der nächsten Nationalratswahl langsam in die Gänge kommen. Politische Erfolge hat diese Chaosregierung keine vorzuweisen. Darum greift man jetzt offenbar zum Handwerk der Inszenierung. Da werden Terrorbedrohungen der Schwulencommunity zu Großereignissen heraufbeschworen und auf der anderen Seite versucht Bundeskanzler Nehammer mit kryptischen Twitternachrichten den Fokus auf sich zu richten.

Russische Angelegenheiten auf österreichischem Boden?

So schreibt Nehammer etwa am Tag des versuchten russischen Putschversuches der Wagner-Gruppe unter Kommandant Jewgeni Prigoschin, dass „Wir es nicht zulassen werden, dass eine innerrussische Angelegenheit auf österreichischem Boden ausgetragen wird.“ Dass die Warnung aus dem Kanzleramt zu einem Zeitpunkt von Nehammer versendet wurde, als sich die Truppen Prigoschins schon am Rückzug befanden und die Meuterei oder der Putschversuch bereits zu Ende war, ließ viele Beobachter eher ratlos zurück.

Auch hier muss sich die ÖVP die Frage gefallen lassen, ob nicht eher Kalkül, Panikmache bzw. Ablenkung die Motivlage für solche wirren Wortmeldungen am besten beschreibt. Tatsächlich geht und ging niemand davon aus, dass ein vermeintlicher Putschversuch in Moskau auf „österreichischem Boden“ ausgetragen würde.

Flood the zone with shit!

Auf Twitter sorgte ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer mit diesem Posting für Kopfschütteln.

Was genau meinte also der Bundeskanzler mit seiner kryptischen Andeutung? Tatsächlich versuchen politische Kommunikatoren mit Ablenkungen und Nebelgranaten oftmals von ganz anderen Dingen abzulenken. Das dürfte auch in diesem Fall so gewesen sein. Tatsächlich ist die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Karl Nehammer, mit der innerösterreichischen Situation grundlegend überfordert – deswegen wird ein Ablenkungsmanöver nach dem anderen gestartet. Oder wie der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon es nannte: “Flood the zone with shit.”. Ob man mit so einer Strategie die hohe Inflation, die Teuerung und die gesellschaftliche Spaltung in den Griff bekommen kann, scheint jedoch mehr als fraglich.

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