Er war eine der prägendsten Persönlichkeiten Italiens: Heute, Montag, ist Silvio Berlusconi in Mailand verstorben.
Wenig schmeichelhafte Worte zum Abschied
Kaum ein Mainstream-Medium tritt dem früheren italienischen Ministerpräsidenten nicht nach. Vom „wohl umstrittensten Politiker Italiens der vergangenen Jahrzehnte“ schreibt etwa der ORF, Der Standard gar, dass „Berlusconi selbst besessen war: von sich selbst“.
Doch mit Berlusconi geht eine Ära zu Ende, die Italien gutgetan hat.
Bis zum Tod: antikommunistisch und proamerikanisch
Er war ein klassischer Selfmademan, der seinen Aufstieg selbst erarbeitet hat. Vom einstigen Staubsauger-Verkäufer brachte er es schließlich zum Bau- und später Medienunternehmer. Damit wusste er auch stets, wie schwer es ist, etwas aufzubauen, im Verhältnis zum Verbieten und Zerstören.
Politisch entstammte er zwar einer christdemokratischen Familie, ihn selbst zog es aber zur damals aufstrebenden Sozialistischen Partei Italiens (PSI). Dabei lautete seine Maxime: antikommunistisch und proamerikanisch. Dieser Linie blieb er bis zu seinem Tod treu.
Parteigründung 1993
In die Politik ging der Unternehmer erst 1992, als das traditionelle Parteiensystem Italiens implodierte. Als die Zeichen in Richtung extreme Linke zeigten, erklärte Berlusconi, die bis dahin geächtete neofaschistische Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) bei der Bürgermeisterwahl in Rom zu unterstützen.
Die MSI unterlag zwar, aber für Berlusconi war es doch der Startschuss für die Gründung seiner neuen Mitte-rechts-Partei Forza Italia (FI), die 1993 erfolgte.
Antritt bei Parlamentswahlen
Berlusconi hatte nur drei Monate Zeit bis zur nächsten Parlamentswahl. Zu knapp, weshalb er sich zwei weitere rechte Parteien an Bord bzw. in sein Bündnis holte: die MSI und die Lega, damals noch als separatistische Regionalpartei Lega Nord. Berlusconi selbst stand an der Spitze des neuen Mitte-rechts-Bündnisses.
Gemeinsam gelang das Unglaubliche: Das Bündnis gewann die Parlamentswahlen 1994. Diese Wahlniederlage wurde Berlusconi von der Linken nie verziehen. Entsprechend setzten die Medien-Kampagnen gegen ihn ein, in Italien, aber auch im Ausland. Sie sollten ihn nie wieder verlassen.
Lieblings-Hassobjekt der linken Medien
Seit damals verging kein Tag, an dem nicht irgendein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig war. Die „toghe rosse“, die roten Staatsanwälte, machten regelrecht Jagd auf ihn. Und doch war Berlusconi dreimal italienischer Ministerpräsident, von 1994/1995, 2001 bis 2005 und 2008 bis 2011.
Erst 2013 gelang in einer relativ unbedeutenden Sache eine Verurteilung wegen Steuerbetrugs, mit dem man ihn zumindest für sechs Jahre von politischen Ämtern ausschließen konnte. Er sollte nicht mehr zurückkehren.
Unterstützer im Hintergrund
Fortan zog er nur noch die Fäden bei seiner Forza Italia, die er auf seine proamerikanische und damit pro-EU-Haltung und die Interessen des Großkapitals einschwor. Bis heute.
Berlusconi hat Italien zwei Jahrzehnte lang geprägt und dabei viel für die wirtschaftliche Entwicklung des maroden EU-Staates getan. Seine Nachwirkung und Bedeutung erlebte er kurz vor seinem Tod: Er war der Erste, der sich von der Distanzeritis gelöst und die MSI aus der Schmuddelecke geholt hatte. Ihre Nachfolger, die „Brüder Italiens“ (Fratelli d’Italia), haben es mit Giorgia Meloni an der Spitze geschafft, das Vertrauen der Italiener zu gewinnen. Sie ist die erste rechte Ministerpräsidentin Italiens.