Das Auditorium Maximum der Karls-Universität in Prag

7. April 2023 / 14:09 Uhr

Karls-Universität: 675 Jahre älteste deutsche Hochschule

Auch wenn sie heute zum größten Teil nur noch tschechisch-sprachig ist, wurde in Prag mit der Karls-Universität am 7. April 1348 die älteste deutsche Universität gegründet. Inzwischen blickt sie auf eine lange und turbulente Geschichte zurück.

Wird zurecht als deutsche Universität bezeichnet

Mag das Hochmittelalter zurecht in vielen Punkten als „dunkel“ bezeichnet werden, so war es doch die Zeit, in der in ganz Europa zahlreiche Universitäten gegründet worden sind. Im alten Deutschen Reich war dies zuerst 1348 in Prag, der Hauptstadt Böhmens, der Fall. Hier gründete der damalige böhmische König Karl IV. (erst ab 1355 Deutscher Kaiser) eine Universität. Die Studenten waren fast ausschließlich Deutsche aus allen Teilen des Reiches. Laut den offiziellen Hörerlisten, die bis heute erhalten sind, waren Ende des 14. Jahrhunderts drei Viertel der Studenten Deutsche und nur ein Siebtel Tschechen. Daher kann sehr wohl durch die Lage im Deutschen Reich und der deutschen Studentenschaft von einer deutschen Universität gesprochen werden.

Konflikte zwischen Deutschen und Tschechen

Spätestens mit der Neuzeit, also ab Mitte des 15. Jahrhunderts, wurde die lateinische Lehrsprache nach und nach durch die lokale abgelöst. Die Karls-Universität galt dabei als sehr modern: Da in Prag sowohl Deutsche, als auch Tschechen lebten, wurden Vorlesungen auf Deutsch und auf Tschechisch angeboten. Die ersten großen ethnischen Konflikte kamen mit dem allgemeinen Erwachen der nationalen Identitäten im 19. Jahrhundert. 1860 verlor Prag erstmals seit dem Mittelalter seine deutsche Bevölkerungsmehrheit. Während die tschechischen Studenten auch an der Universität die Mehrheit wurden, setzte der böhmische Habsburger-König (und zugleich österreichische Kaiser) Franz Joseph I. konsequent auf die Gleichberechtigung der deutschen Sprache in allen Amtsbereichen.

Burschenschaft setzte sich für Deutschtum ein

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Schaffung des neuen, unabhängigen Staatenkonstrukts „Tschechoslowakei“ sahen sich die Deutschen in Prag unzähligen Repressionen ausgesetzt. Auch an der Universität spitze sich der Konflikt zu: Sie wurde in eine deutsche und eine tschechische komplett geteilt. In den folgenden Jahren waren es insbesondere deutsche Studentenverbindungen, vor allem Burschenschaften, die sich politisch für einen Erhalt des Deutschtums in Prag einsetzten. Regelmäßig schickten Burschenschaften aus dem neuen, zerschlagenen Rest-Österreich und der Weimarer Republik Mitglieder nach Prag, um dort das deutschsprachige Studentenleben zu erhalten.

Durch Benes-Dekrete wurden Deutsche vertrieben

Ein zeitweiliges Ende des Deutschtums brachte das Ende des Zweiten Weltkrieges. Mit den Beneš-Dekreten, die bis heute in Tschechien in Kraft sind, wurde fast die gesamte deutsche Bevölkerung aus der Tschechoslowakei vertrieben. Natürlich endete damit auch die deutsche Lehrsprache an der Karls-Universität. Seit der „Wende“ 1989/90 hat Deutsch jedoch wieder Einzug gefunden: Heute werden neben englischen auch zahlreiche deutsche Vorlesungen und Studien angeboten.

Peinliches Schweigen von Regierungen

Ein Gedenken an das halbrunde Jubiläum der ältesten deutschen Universität sucht man bei den Regierungen der Bundesrepublik oder Österreichs vergebens. Von einer volksbewussten Regierung würde man zumindest eine würdige Gedenkveranstaltung erwarten. Anstatt stolz und ehrfürchtig der eigenen Geschichte zu gedenken, hüllt man sich aber, wie üblich, in peinliches Schweigen und Geschichtsvergessenheit. Mit diesem Artikel möchte daher zumindest unzensuriert der Karls-Universität gedenken und ein eigenes Geschichtsbewusstsein schaffen.

Mehr über die Geschichte der Karls-Universität in: Ivana Čornejová, Michal Svatoš, Petr Svobodný: “History of Charles University”. Karolinum, Prag, 2001.

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