Pflegeheim

Österreich ist laut dem Unionsrecht verpflichtet, sein Pflegegeld auch an Pflegefälle zu bezahlen, die nicht in Österreich wohnhaft sind.

30. März 2023 / 08:54 Uhr

Soviel Pflegegeld zahlte Österreich ins Ausland

Das Bundespflegegeld, das Österreich gewährt, muss aufgrund der EU-Gesetze auch an Personen bezahlt werden, die nicht in Österreich wohnhaft sind. Das können einerseits österreichische Pensionisten sein, die sich in einem anderen Staat zur Ruhe setzen. Oder aber auch Grenzgänger aus dem Ausland, die in Österreich gearbeitet haben, daher von Österreich eine Pension beziehen, was aufgrund der Krankenversicherung den Anspruch auf das Pflegegeld begründet.

Zahlreiche Fälle wohnen in Deutschland

819 Personen, die nicht in Österreich wohnhaft waren, hatten einen Anspruch auf das Pflegegeld im Jahr 2022. Die Kosten: Mehr als 4,9 Millionen Euro. Die Daten wurden aufgrund einer parlamentarischen Anfrage der freiheitlichen Seniorensprecherin, Nationalratsabgeordneten Rosa Ecker, bekannt. Die meisten Pflegegeldbezieher, nämlich 469, wohnen in Deutschland. Auffallend ist, dass ausgerechnet Kroatien mit 78 Fällen auf dem zweiten Platz gelandet ist.

Mehr als 32.000 Mehrfachrentner

Nicht uninteressant ist außerdem die Anzahl der Mehrfachrentner. Also Personen, die in Österreich wohnhaft sind, aber nicht von Österreich, sondern auch von einem anderen Staat eine Rente beziehen. Es gibt mehr als 32.000 Fälle. Das EU-Recht besagt, dass wenn eine Person von mehreren Staaten eine Rente bezieht, sie dennoch den Rechtsvorschriften nur eines Staats unterliegt.

Krankenversichert sind Person im Wohnstaat, sofern von diesem Staat eine Rente bezogen wird. Also wohnt der Mehrfachrentner in Österreich und bezieht eine österreichische Pension, steht ihm von Österreich das Pflegegeld zu. Würde allerdings diese Person in den anderen Staat ziehen, von dem die zweite Rente bezogen wird, dann wird dieser Staat für die Krankenversicherung und daher für das dortige Pflegegeld zuständig.

Wenn Wohnstaat kein Rentenstaat ist

Wohnt allerdings ein Mehrfachrentner in einem Staat, von dem keine Rente bezogen wird, dann ist dieser Mehrfachrentner in jenem Staat krankenversichert, in dem die höhere Anzahl an Versicherungszeiten für die gesetzliche Rente erworben wurde. Und da man in diesem Staat auch der Krankenversicherung unterliegt, ist auch dieser Staat für Pflegegeldleistungen zuständig.

Weiter Wirbel mit der Schweiz

Kritisch wird es allerdings für jene in Österreich wohnhaften Personen, die ausschließlich von der Schweiz eine Rente beziehen. Sie erhalten weder von Österreich, noch von der Schweiz ein Pflegegeld. Zuständig wäre die Schweiz, die aber für den Bereich der Pflege nur Sachleistungen, aber keine Pflegegeldleistungen vorsieht. Sachleistungen werden laut dem EU-Recht nicht ins Ausland exportiert.

Hilflosenentschädigung

Die Schweiz hat allerdings – so wie auch Liechtenstein – eine Hilflosenentschädigung, die im Rentenrecht geregelt ist und finanziell einen Teil der Pflege abdeckt. Liechtenstein als EWR-Staat muss laut einem Urteil des EFTA-Gerichtshofs seine Hilflosenentschädigung ins Ausland exportieren.

Weder EU- noch EWR-Mitglied

Doch die Schweiz ist kein EU-Mitglied und auch kein EWR-Mitglied. Sie hat sich zwar verpflichtet, das Unionsrecht zu beachten. Jedoch hat sie sich mit einem Freizügigkeitsabkommen einige Rosinen mit der EU herausverhandelt. Eine davon besagt, dass die Schweiz die Hilflosenentschädigung nicht ins Ausland exportieren muss. Und diesem Argument folgte auch das eigene Schweizer Bundesgericht aufgrund einer entsprechenden Rechtsache.

SPÖ und ÖVP traten Pflegefälle mit Füßen

Im Jahr 2014 haben die Sozialsprecher von SPÖ und ÖVP – namentlich Josef Muchitsch und August Wöginger – mit einem Antrag das Bundespflegegeldgesetz derart verschärft, damit in Österreich wohnhafte Pflegefälle, die ausschließlich von der Schweiz eine Rente beziehen, keinen einzigen Cent von Österreich in Form von Pflegegeldleistungen erhalten. Die FPÖ stimmte dagegen.

Zahl der Fälle steigt jährlich

Im Jahr 2022 gab es diesbezüglich 54 Fälle, die durch die Finger schauten. 2021 waren es 52 Fälle und 2020 50. Viele Menschen dürften von ihrem Pech auch nichts wissen. Es genügt auch nicht, wenn man sich von der Schweizer Krankenversicherungspflicht befreien lässt und stattdessen in Österreich privat krankenversichert. Zuständig bleibt die Schweiz. Eine Person, die überwiegend in der Schweiz erwerbstätig ist, müsste zumindest in Österreich zwölf Versicherungsmonate erwerben, damit auch von Österreich eine Pension gewährt werden muss, was Österreich auch in Sachen Krankenversicherung zuständig macht.

Vorarlberger betroffen

Es ist zu vermuten, dass die meisten Fälle, die ausschließlich von der Schweiz eine Rente beziehen, aber in Österreich wohnen, in Vorarlberg ihren Wohnsitz haben. Der Vorarlberger freiheitliche Landtagsabgeordnete und Rechtsanwalt Dr. Hubert Kinz hat sich schon seit Jahren dieser Problematik angenommen und will rechtlich dagegen vorgehen.

Sie kennen einen betroffenen Fall?

Informationen zu seiner Kanzlei gibt es auf www.kinz.at. Kontakt via E-Mail: [email protected]

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