Bundeskanzler Karl Nehammer ist mit Innenminister Gerhard Karner in Marokko unterwegs gewesen, wo Verhandlungen geführt wurden, damit Marokko seine Staatsangehörigen, die kein Aufenthaltsrecht in Österreich haben, wieder zurücknimmt. Ob die beiden ÖVP-Politiker erfolgreich waren, steht auf einem anderen Blatt.
Seit 2003 gibt es ein Mandat auf EU-Ebene, um ein sogenanntes EU-Rückübernahmeabkommen (EURA) mit Marokko zu verhandeln. Wenn die EU ein Mandat hat, ist es eher unüblich, dass nationale Staaten parallel mit diesem Drittstaat verhandeln. Zwischen 2015 und 2019 wurden die EURA-Verhandlungen mit Marokko ausgesetzt. In der Regel scheitern Verhandlungen aufgrund des politischen Willens des Drittlandes. Manche Regierungen müssen sogar den Volkszorn befürchten, da das Asylsystem durchaus ein Geschäft ist.
Entwicklungshilfe kein Anreiz
Denn die Entwicklungshilfe ist bei vielen Staaten weitaus niedriger als jenes Geld, das Illegale, die in Europa gelandet sind, in ihre Heimat schicken. Der Europäische Rechnungshof hält wörtlich fest:
Außerdem können solche Abkommen (und die erzwungene Rückkehr) in einigen Ländern die Feindseligkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Heimatüberweisungen aus der Diaspora (die auch irreguläre Migranten einschließt) den Lebensunterhalt ganzer Gemeinschaften sichern, eine wesentliche Devisenquelle darstellen und die öffentliche Entwicklungshilfe bei Weitem übersteigen können.
Und auf Marokko trifft das zu. Die Entwicklungshilfe ist sechs Mal niedriger als die Heimatüberweisungen durch Migranten. Sie ist daher kaum ein Anreiz oder Druckmittel. Denn die Androhung die Entwicklungshilfe zu streichen oder zu kürzen führt sogar umgekehrt das Missfallen des Drittstaats nach sich, was Verhandlungen noch mehr erschwert.
Keine rechtsverbindlichen Regeln erwünscht
Und überhaupt muss zwischen einem Rücknahmeabkommen und einer Rücknahmevereinbarung unterschieden werden. Letztere ist nicht rechtsverbindlich, während dies auf das erstgenannte Abkommen zutrifft und unter anderem Standards in Sachen Menschenrechte einzuhalten sind. Viele Drittstaaten wollen aber kein Rücknahmeabkommen. Viele wollen sich auch wenig bei den Menschenrechten dreinreden lassen.
Ein weiteres Problem ist, dass Verhandlungen über Rücknahmeabkommen oder Vereinbarungen insofern erschwert werden, wenn es ohnehin schon mit einem Staat ein Ergebnis gibt. Warum sollte ein Drittstaat dann mit einem anderen Staat verhandeln, dessen Bedingungen eventuell schlechter sein könnten als jene, die es bereits mit einem anderen Staat gibt.
Streit um Reisedokumente
Damit ein Fremder von einem Drittstaat zurückgenommen werden kann, braucht es auch Reisedokumente. Es besteht die Möglichkeit, dass die europäischen Staaten solche Dokumente erstellen. Die meisten Drittländer bestehen jedoch auf ihr Recht, ihre Staatsangehörigen mit Dokumenten auszustatten und lehnen die Anerkennung des europäischen Reisedokuments für die Rückführung ab.
Es sind nur einige wenige Punkte, die der Europäische Rechnungshof erwähnt hat. Am besten wäre es wohl, Europa schafft seine Asylgesetze ab und umzäunt seine Grenzen.