Wer sehr gut verdient hat und dennoch arbeitslos wurde, hat wohl in der Vergangenheit rund 2.500 Euro weniger Arbeitslosengeld erhalten. Vorausgesetzt die Person war mindestens 50 Jahre alt und hat innerhalb von 15 Jahren neun Jahre gearbeitet, womit 364 Tage Geld zu bezahlen war.
Fünf Jahre vor Gericht gestritten
Herr Dorfer (Name der Redaktion geändert) ist ein Fall, der fünf Jahre lang gegen einen Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) vorgegangen ist, vor dem Bundesverwaltungsgericht scheiterte, aber letztendlich aufgrund eines Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof recht bekam (W238 2169043-1). Vor wenigen Monaten, konkret im Dezember 2022, kam es zu dieser brisanten Entscheidung.
53,36 Euro Arbeitslosgengeld pro Tag hatte anfangs das AMS Dorfer gewährt. Letztendlich sind es 60,44 Euro geworden. Wie allerdings kam es zu der ursprünglich niedrigeren Berechnung? Herr Dorfer hatte ein monatliches Einkommen von rund 4.650 Euro. Das heißt, zwölf Gehälter plus zwei Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Entsprechend wurden ihm Arbeitslosenversicherungsbeiträge abgezogen, wobei hier eine Höchstbeitragsgrundlage zu berücksichtigen ist. Das heißt, dass es ab einem gewissen hohen Einkommen, das über dieser Grundlage liegt, es einen Maximalbeitrag gibt, der an Versicherungsbeiträgen zu bezahlen ist – und nicht mehr. Dorfer lag übrigens über diesem Wert.
Umgekehrt gibt es auch beim Arbeitslosengeld eine Höchstbeitragsgrundlage beim Einkommen, das für die Berechnung der Leistung zu berücksichtigen ist. Angemerkt werden muss außerdem, dass Herr Dorfer Anfang 2017 Arbeitslosengeld beantragte. Es war aber rechtlich zulässig, dass sein Einkommen aus dem Jahr 2014 zu berücksichtigen war.
Beitragsgrundlage war nicht korrekt
Das AMS hat bei der Berechnung von Dorfers Arbeitslosgengeld eine Beitragsgrundlage herangezogen, die sich nach Feststellung der Gerichte als zu niedrig erwiesen hat. Vom AMS wurde das Arbeitslosenversicherungsgesetz entsprechend seinem Wortlaut interpretiert. Dieses Gesetz hat einen Verweis auf das Arbeitsmarktfinanzierungsgesetz (AMPFG), bei dem in zwei Absätzen der Arbeitslosenversicherungsbeitrag geregelt wird. Der zweite Absatz besagt, dass auch von den Sonderzahlungen ein Beitrag abzuziehen ist.
Im Arbeitslosenversicherungsgesetz heißt es allerdings zur Berechnung des Arbeitslosengelds wörtlich:
Das monatliche Einkommen ist nur bis zu der drei Jahre vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage (§ 2 Abs. 1 AMPFG) zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof spricht von einem legistischen Fehler, da nicht nur der erste Absatz, sondern auch der zweite Absatz des § 2 AMPFG im Arbeitslosenversicherungsgesetz (der die Sonderzahlungen regelt) berücksichtigt werden muss.
Die Höchstbeitragsgrundlage für 2023 beträgt 5.850 brutto. 2014 lag der Wert bei 4.530 Euro. Wer damals rund 3.800 Euro brutto plus Sonderzahlungen verdiente, der erreichte diesen Wert. Wer allerdings mehr verdiente, der hatte Pech gehabt, wenn er in Folge arbeitslos wurde, da ihm nicht das Arbeitslosengeld bezahlt wurde, das ihm in voller Höhe zu gewähren gewesen wäre.
Sonderzahlungen sind anzurechnen
Und der Verwaltungsgerichtshof änderte die Regeln, denen das Bundesverwaltungsgericht folgen musste. Der Höchstbeitragsgrundlage von 4.530 Euro im Jahr 2014 waren weitere 755 Euro aufgrund der Sonderzahlungen anzurechnen. Ergibt einen neuen Wert von 5.285 Euro. Herr Dorfer kam zwar aufgrund seines hohen Einkommens auf eine Beitragsgrundlage von 5.425 Euro, womit er auch diesen Höchstwert übersprang. Dennoch macht es einen Unterschied, ob für ihn die Beitragsgrundlage von 5.285 Euro gilt oder nur die Höhe von 4.530 Euro.
Politik sollte Gesetz anpassen
Wie viele Arbeitslose bis dato von der falschen Berechnung betroffen waren, lässt sich schwer sagen. Der Form halber müsste die Politik dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof Rechnung tragen und das Arbeitslosenversicherungsgesetz entsprechend anpassen.