Derzeit wird viel über die Lieferung von westlichen Kampfpanzern an die Ukraine gesprochen. Während das Vereinigte Königreich und Polen bereits Lieferungen zugesagt haben, zögert die Bundesrepublik Deutschland. Doch aus militärischer Sicht könnte die deutsche Panzerlieferung für die Ukraine entscheidend sein.
Ursprünglich für den Stellungskrieg entworfen
Der Kampfpanzer an sich wurde einst auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges das erste Mal eingesetzt. Hier gab es einen verhärteten Stellungskrieg über eine unendlich lange Front von den Alpen bis zur Nordsee mit festungsartig ausgebauten Stellungen.
Da kein Infanterist mehr durch die feindlichen Verteidigungslinien kam, wurde der neuartige Panzer dazu eingesetzt, um als rollender Metallkoloss diese zu durchbrechen und entscheidende Schneisen in die Fronten zu schlagen. Dies gelang nur bedingt, was vor allem an der noch unausgereiften Technik lag.
In letzten Jahrzehnten völlig andere Schlachtfelder
Nach und nach entwickelte sich der Panzer weg von seiner ursprünglichen Aufgabe als „Brechstange“ hin zur unmittelbaren Infanterieunterstützung im Orts- und Häuserkampf.
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges waren die Armeen dieser Welt mit neuartigen Kriegen konfrontiert. Statt den klassischen Schlachtfeldern mit klaren Fronten hatte man es nun mit einer asymmetrischen Kriegsführung zu tun, häufig gegen irreguläre Truppen.
Leichtere Fahrzeuge wurden wichtiger
So wurde der Kampfpanzer immer unbedeutender, da er zum Beispiel im Afghanistan-Krieg in einem eng verwinkelten Orts- und Häuserkampf viel zu unbeweglich war (Deutschland verzichtete sogar ganz auf Kampfpanzer). Wichtiger wurden die leichteren Fahrzeuge wie der Schützenpanzer, der den Infanteristen unmittelbar und agiler zur Seite stehen konnte.
Ukraine-Krieg erinnert derzeit an Ersten Weltkrieg
In der jetzigen Phase des Ukraine-Krieges stehen sich jedoch Russen und Ukrainer wieder so starr mit klaren Frontverläufen gegenüber, wie es die Militärexperten für einen aktuellen Krieg in Europa nicht mehr für möglich gehalten hatten. Vieles erinnert im endlosen Grabenkampf im Donbass an den Ersten Weltkrieg. Zurzeit haben sich beide Seiten eingegraben und verschanzt, es gibt nur noch wenig Bewegung.
Durchbruch hätte riesigen Effekt
Dies würde dem Kampfpanzer wieder seinen ursprünglichen Verwendungszweck zurückgeben. Mit einem beherzten Angriff wäre es den Ukrainern gut möglich, das Grabensystem zu durchbrechen. Dies würde den Infanteristen die Möglichkeit geben, nachzurücken und so tief ins besetzte Gebiet einzudringen. Was solch ein Einbruch bewirken kann, sieht man bei der Rückeroberung der Region Charkiw im September 2022, wo die Ukrainer durch einen einzigen erfolgreichen Durchbruch ein ganzes Oblast in kürzester Zeit zurückerobern konnten.
Nicht genügend Panzer in Aussicht
Die Ukrainer bräuchten für solch ein Unterfangen jedoch idealerweise hunderte Panzer. Noch dazu müssten die Besatzungen ausgebildet werden, da westliche Panzer von der Bedienung her deutlich komplexer sind als jene östlicher Bauweise. Wie der Tagesspiegel berichtet, wurden der Ukraine bis jetzt 14 Challenger 2 Kampfpanzer vom Vereinigten Königreich und sechs deutsche Leopard 2 Panzer von Polen zugesagt – dies ist freilich zu wenig, um wie beschrieben Stellungen sicher zu durchbrechen. In Deutschland läuft die Debatte derzeit auf Hochtouren. Dabei könnte die deutsche Lieferung entscheidend sein, denn der Leopard 2 gilt als einer der besten Panzer der Welt.