Was für eine Schlagzeile! Der ORF zeigt es einmal wieder den ungeimpften Österreichern mit seinem heute, Donnerstag, erschienenen Beitrag und der darin verpackten Schadenfreude:
Fast zwei Mio. ungeimpfte Italiener müssen Strafe zahlen
Italien mit Salami-Taktik
Nur in Österreich gab es eine allgemeine Corona-Impfpflicht. Andere Staaten gingen nicht so weit, griffen aber dennoch zum Mittel des Zwangs.
Etwa Italien: Dort wurde eine Impfpflicht für alle Bürger über 50 Jahren sowie Mitarbeiter in den Gesundheitsberufen, für Lehrer und Sicherheitskräfte, quasi den Großteil der Beamten, eingeführt. Dagegen gab es nicht nur zahlreiche Proteste, sondern fast zwei Millionen Italiener weigerten sich, der Zwangsimpfung Folge zu leisten. Lieber ließen sie sich vom Dienst suspendieren – ohne Gehaltsfortzahlung.
Impfpflicht vor dem Verfassungsgericht
Das ließ sich die von Brüssel eingesetzte Regierung Draghi nicht bieten und verhängte Strafen. 100 Euro muss derjenige zahlen, der nicht dreimal geimpft war.
Gestern, Mittwoch, war die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Rom über die Rechtmäßigkeit dieser Impfpflicht und der damit verbundenen Suspendierung von der Arbeit ohne Gehalt erwartet worden. Sie kam nicht zustande. Nun soll es heute soweit sein.
15 Gerichte im Zweifel über die Impfpflicht
Individualklagen wie in Österreich sind in Italien nicht erlaubt. Es stehen jedoch Urteile von 15 Gerichten zur Verhandlung. Darunter ist auch der Verwaltungsgerichtshof von Latium, vor dem Staatsgesetze verhandelt werden. Dort bestanden schon lange erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der berufsbezogenen und der generellen Impfpflicht über 50.
Die Rechtsvertretung der Regierung drückt auf die Solidaritätstaste – ein ziemlich schwaches Argument, wenn es um die Grundrechte geht.
Linker Schachzug kurz vor dem Regierungswechsel
Einer der 15 Verfassungsrichter ist Marco D’Alberti, der am 14. September, also nur neun Tage vor den Parlamentswahlen im September (die einen Erdrutschsieg für die rechtskonservative Partei von Georgia Meloni brachte) von Staatspräsident Mattarella ernannt und in das wichtige Amt gehievt worden ist. D’Alberti war bis dahin Rechtsberater von Ministerpräsident Mario Draghi. Er hat nun als Verfassungsrichter über das Impfgesetz der Regierung Draghi zu urteilen, das er selbst mitgestaltet hat.
Einen Interessenskonflikt ließ die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Silvana Sciarra, gestern, Mittwoch, aber nicht gelten. Sciarra war seinerzeit auf Vorschlag der Linksdemokraten Verfassungsrichterin geworden; man ist sich scheinbar verpflichtet.
Viel mehr Proteste, als ORF zugeben will
Die entscheidende Frage, die die Verfassungsrichter nun beantworten müssen, ist, wie viel Macht sie künftigen Regierungen in die Hand geben wollen, während sie gleichzeitig das Gesicht der abgewählten Regierung Draghi zu retten haben.
Der ORF schreibt, 50 Personen hätten sich gestern vor dem Sitz des Verfassungsgerichts versammelt, um zu protestieren. Das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. Am Vorabend fanden in mehr als 50 italienischen Städten Kundgebungen statt. Auf eine Kundgebung vor dem Verfassungsgerichtshof wurde verzichtet, weil das die üblichen Probleme mit dem Sicherheitsgesetz (Bannmeile etc.) bringt.
Meloni verspielt das Vertrauen
Tatsache ist, dass die neue Regierung versprochen hat, auch diese Sache zu kassieren, nachdem sie das Corona-Regime beendet hatte. Der ORF schreibt, Meloni habe „im Umgang mit der Pandemie neue Akzente gegenüber der Vorgänger-Regierung um Mario Draghi gesetzt und versprochen, dass es zu keinen weiteren Restriktionen kommen wird“.
Und darauf verlassen sich die Leute. Zur Kassierung der Impfpflicht ist es innerhalb der gestern ausgelaufen Sechsmonatsfrist nicht gekommen. Der geplante Versuch wurde offensichtlich wegen rechtlicher Bedenken fallengelassen. Weil sich ein Präzedenzfall ergeben hätte, der mit dem Rechtsstaat – nicht mit Corona – zu tun hätte.
Wege aus der Krise
Der Koalitionspartner Lega unter Matteo Salvini hat nun einen Antrag auf Aussetzung der Strafen eingebracht, der am 12. Dezember verhandelt wird. Das dürfte das Chaos noch erhören, denn bis dahin haben die Finanzämter zwölf Tage Zeit, die Bußbescheide zu verschicken.
Die Regierung des Staates New South Wales in Australien hat eine solche Aufhebung von 33.000 Corona-Strafen beschlossen. Man wählte eine gesichtswahrende Begründung, dass die Sanktionen zu vage formuliert gewesen und die Strafverfügungen falsch ausgestellt worden seien. Nun fordern 900 Bürger, die die Strafen bereits gezahlt haben (nur 900 von 33.000!), ihr Geld zurück. Das beträfe dann auch Italien, denn auch dort wird ein Teil die 100 Euro schon gezahlt haben.