Im Iran sterben derzeit Frauen, weil sie gegen die Verhüllung auf die Straße gehen. Beim Lebensmittelhändler Billa Plus in Ternitz, Bezirk Neunkirchen in Niederösterreich, arbeiten sie mit Kopftuch.
130 Tote im Kampf gegen unfreies System
„Österreich darf nicht Iran werden“ könnte man in Anlehnung an den früheren Wahlkampfspruch der Freiheitlichen, der „Wien darf nicht Chicago“ werden lautete, sagen. Tatsächlich kommt man aus dem Staunen nicht heraus, was derzeit auf der Welt passiert: Seit Wochen protestieren Menschen im Iran gegen das Regime mit abgeschnittenen Haaren, brennenden Kopftücher – mehr als 130 Tote sind bisher Zeugen dieses unerbittlichen Freiheitskampfes. Während im Iran also gegen Kleidungsvorschriften wie aus einem anderen Jahrhundert demonstriert wird, feiern diese in Österreich offenbar fröhliche Urständ’. Wen wundert es, sagte doch sogar das Staatsoberhaupt, Alexander Van der Bellen, diesen verheerenden Satz:
Und wenn das so weitergeht, bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.
Kein Aufruf zur Solidarität des Bundespräsidenten
Man darf sich zumindest wundern, dass der wahlkämpfende Bundespräsident aufgrund der schrecklichen Ereignisse im Iran die moslemischen Frauen in Österreich nicht dazu aufruft, aus Solidarität zu den Frauen im unfreien System das Kopftuch abzulegen. Aber nichts dergleichen passiert. Dem Kopftuch als religiöses Symbol und als Unterdrückung der Frauen begegnen Österreicher immer häufiger – auf der Straße, in der U-Bahn, in der Schule oder beim Einkaufen wie beim Billa Plus in Ternitz, wo sogar die Beschäftigten dem Kopftuch frönen.
Von Sittenpolizei festgenommen
Dabei wäre es gerade jetzt an der Zeit, die Proteste der Frauen im Iran zu unterstützen, die wegen des Todes der 22-jährigen Mahsa Amini selbst ihr Leben in Gefahr bringen. Amini ist Mitte September in der iranischen Hauptstadt Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht entsprechend den Kleidungsvorschriften in der islamischen Republik Iran getragen habe: Einzelne Haarsträhnen seien zu sehen gewesen. In den sozialen Netzwerken wird behauptet, dass Polizisten ihr auf den Kopf schlugen, weil sie gegen ihre Festnahme protestierte. Dadurch habe sie eine Hirnblutung erlitten und sei schließlich ins Koma gefallen.
Todesumstände nicht abschließend geklärt
Die Behörden wiesen diese Darstellung mehrfach zurück. Am 7. Oktober – Wochen nach Aminis Tod – teilte die rechtsmedizinische Organisation des Iran mit, die 22-Jährige sei “nicht durch Schläge” gestorben, sondern an den Folgen eines chirurgischen Eingriffs. Dieser sei wegen eines Gehirntumors vorgenommen worden, als Amini acht Jahre alt gewesen sei.
Aminis Vater hatte indes bereits Tage zuvor mitgeteilt, seine Tochter sei bis zu ihrer Festnahme “kerngesund” gewesen. Abschließend geklärt sind die Todesumstände nicht.