Bei den ungarischen Parlamentswahlen im April dieses Jahres konnte die Partei von Ministerpräsidenten Viktor Orbán, Fidesz, mit über 54 Prozent der Stimmen ein Rekordergebnis erzielen. Aus Siebenbürgen kamen dabei hunderttausende Stimmen, die fast ausschließlich für Orbán waren. Das Potenzial ist dabei noch lange nicht ausgeschöpft.
Ein beachtenswerter Stimmenanteil
Während die Stimmen in Ungarn selbst für Orbán 52 Prozent betrugen, stimmten im Ausland fast 94 Prozent für ihn. (Detailergebnisse sind auf der Internetseite des nationalen Wahlbüros). Die 270.000 Auslandsstimmen machten dabei rund fünf Prozent der abgegebenen Gesamtstimmen aus – ein beachtenswerter Anteil. Das unterschiedliche Wahlverhalten trieb die Fidesz im April um über zwei Prozent auf fast 55 Prozent hoch. Gerade bei der Sitzverteilung im komplizierten Wahlsystem sicherte dies zusätzlich die 2/3-Mehrheit im Parlament ab.
In Rumänien rechtliche Sonderstellung
Die Auslandsstimmen kamen dabei fast ausschließlich aus Siebenbürgen. Innerhalb der ehemaligen Grenzen Großungarns (1000 bis 1921) leben heute laut aktuellen Volkszählungen rund 2,1 Millionen ungarische Muttersprachler außerhalb der aktuellen Staatsgrenzen (laut aktuellen Volkszählungen). Während die Slowakei, Serbien und die Ukraine keine Möglichkeit zur doppelten Staatsbürgerschaft und damit zur Stimmabgabe gewähren, ist die Situation in Siebenbürgen (seit 1921 bei Rumänien) anders. Hier, wo rund 1,2 Millionen Ungarn leben, hat die Orbán-Regierung ein neues Gesetz durchgesetzt, das den leichten Erwerb der ungarischen Staatsbürgerschaft ermöglicht – Rumänien hat zugestimmt.
Riesige finanzielle Investitionen in Siebenbürgen
Hunderttausende Siebenbürger Ungarn haben diese Möglichkeit in den letzten Jahren wahrgenommen – und bei der Wahl Orbán gewählt. Somit hat sich Siebenbürgen, auf Ungarisch Erdély, auf Rumänisch Transilvania, für Orbán zu einer wichtigen konservativen Hochburg entwickelt. Nicht umsonst investiert die Regierung Unsummen in die Entwicklung der Region – während der rumänische Staat hier am wenigsten investiert. Zu nennen wären hier nur in der jüngsten Vergangenheit die Eröffnung der Ungarischen Staatlichen Universität mit inzwischen drei Standorten in Klausenburg, Neumarkt am Mieres und Szeklerburg. Weitere Beispiele sind im Bereich des Sports die Eröffnung eines modernen Fußballstadions für den durch ungarische Geldern aufgebauten Fußballverein Sepsi OSK im Szeklerland, oder die Eröffnung eines Eishockeystadions ebenfalls im Szeklerland.
10 bis 15 Prozent Stimmenanteil möglich
Orbán handelt dabei aus parteipolitischer Sicht klug, denn das Stimmenpotenzial aus Siebenbürgen ist noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Zieht man die unter 18-Jährigen ab, gibt es im besagten Gebiet rund eine Million potenzielle Wähler, also viermal so viele Menschen wie jene, die tatsächlich ihre Stimme abgegeben haben. Schafft er es, noch mehr Menschen zur Wahlurne zu bewegen, könnte er den Stimmenanteil der Auslandsungarn am Gesamtergebnis leicht von fünf auf zehn bis 15 Prozent steigern. Wählen diese weiterhin alle Orbán, dann würde dies ein gewaltiges Stimmenpaket für ihn bedeuten.
Tendenz deutlich steigend
Der Trend gibt Orbán mehr als recht. Bei der Wahl 2010, vor der Einführung des neuen Gesetzes zur vereinfachten doppelten Staatsbürgerschaft, betrug die Zahl der im Ausland abgegebenen Stimmen gerade einmal 30.000. Vier Jahre später, nach der Einführung, sprang die Zahl sofort auf 130.000 Stimmen. 2018 betrug die Zahl schon 225.000 Stimmen, dieses Jahr 270.000. Die Tendenz ist also nach wie vor deutlich steigend, wenn auch etwas abgeflachter als in den letzten Wahlperioden.