Was stimmt und was stimmt nicht in der an Peinlichkeit kaum noch zu überbietenden „Cobra-Affäre“ der Familie Nehammer? Seit gestern, Freitag, ist bekannt: Die beiden Cobra-Beamten, die einen Unfall verursachten, haben doch in der Wohnung von Karl und Katharina Nehammer in Wien-Hietzing alkoholische Getränke zu sich genommen.
Alkotest ergab 1,2 Promille
Entgegen den ursprünglichen Angaben hätten sie Bier, Wein und Schnaps getrunken, gab Katharina Nehammer gegenüber dem Standard und Kurier zu. Der Alkoholtest beim Unfall-Lenker ergab 1,2 Promille.
Die Salamitaktik bei der Weitergabe von Informationen des ÖVP-Kanzlers Karl Nehammer dürfte also nicht aufgehen, sondern die „Cobra-Affäre“ weitet sich immer mehr zu einer Staatsaffäre aus.
Betrunkene Cobra-Beamte im Interesse der Öffentlichkeit
Privates ist privat – und im Normalfall würde sich keiner mit der Frage beschäftigen, mit wem die Ehefrau des Kanzlers etwas trinkt. Zu einem öffentlichen Interesse wird es aber, wenn Personenschützer, die mit Steuergeldern bezahlt werden und für die Sicherheit der Kanzlerfamilie zuständig sind, schwer alkoholisiert am Steuer erwischt werden. Wenn die Geschichte dann auch noch innerhalb weniger Tage anders erzählt wird, braucht sich Karl Nehammer nicht zu wundern, dass er und seine Frau wegen dieser Affäre weiterhin im Fokus der Medien stehen.
Löchrige Defensivtaktik
Von Anfang an war die Defensivtaktik des Kanzlers löchrig. Weinerlich trat er vor die Presse, um mutmaßliche Interventionsvorwürfe, er habe den Vorfall vertuschen wollen, als „glatte Lüge“ zu bezeichnen, um das anonyme Schreiben eines Cobra-Beamten, der behauptete, dass die Personenschützer missbräuchlich für Botengänge und Kinderaufsicht benutzt worden seien, als „Unwahrheit“ zurückzuweisen. Aber dass der Umtrunk in der Kanzlerwohnung stattgefunden haben könnte, darauf ging der ÖVP-Politiker am vergangenen Montag noch nicht weiter ein.
Frau Nehammer geht in die Offensive
Dieses Detail lüftete seine Frau für ihn. Plötzlich ging Katharina Nehammer selbst in die Offensive und gab zu:
Ja, es wurde in der Wohnung getrunken.
Ein Nest von Widersprüchen in den Medien
Wen wundert es, dass bei dieser Salamitaktik, bei der nicht gleich die ganze Wahrheit auf den Tisch kommt, die Berichte in den Medien ganz unterschiedlich ausfallen.
Die Salzburger Nachrichten schrieben am 1. April:
Laut Darstellung des Innenministeriums begaben sich die beiden Personenschützer nach der Arbeit in ein Lokal und konsumierten in sehr kurzer Zeit große Mengen Alkohol… Der Anprall an ein parkendes Auto soll heftig gewesen sein.
Die Kronen Zeitung wusste am 1. April offenbar noch nicht, wo der Alkohol konsumiert wurde – hier deren Darstellung:
Die zwei Personenschützer (…) sollen laut Krone-Informationen nach Dienstschluss und dem Ende der Bewachung Alkohol zu sich genommen haben… Danach starteten sie jedoch ihr Dienstauto, das noch vor der Kanzler-Wohnung (…) abgestellt war. Mit diesem touchierten die Beamten beim Ausparken gleich zwei abgestellte Fahrzeuge.
In der Wohnung war laut Frau Nehammer noch keiner betrunken
Am 5. April wurde es für die Nehammers schon ungemütlicher, als die Presse behauptete:
Die beiden Personenschützer waren bei Frau Nehammer in den privaten Wohnräumlichkeiten… Betrunken sei dort – laut eigenen Angaben von Frau Nehammer – noch niemand gewesen. Sie verließen die Wohnung auch zusammen. Frau Nehammer ließ sich dann zu Fuß zu einem nahegelegenen Heurigen begleiten (etwa um 16:30 Uhr), wo sie ihre Familie zum Essen traf…Der Unfall ereignete sich rund zwei Stunden später, Familie Nehammer war dabei nicht anwesend (…) Beim Ausparken wurde ein Fahrzeug gestreift, es hat einen Kratzer.
Zwei Bier und zwei Gespritzte
Ganz anders wiederum berichtete der Kurier dann am 8. April:
Bereits kurz nach Mittag soll die Ehefrau des Kanzlers den Beamten in ihrer Wohnung mitgeteilt haben, dass die Bewachung für diesen Tag beendet sei…Dabei soll jener Cobra-Beamte (…) zwei Bier getrunken haben. Der andere Beamte soll darüber hinaus auch noch zwei Gespritzte getrunken haben. Als sich Nehammer für ein Telefonat in ein anderes Zimmer zurückzog, seien die beiden Beamten eine Zeit lang alleine in der Küche der Wohnung gewesen. Gegen 16:45 Uhr verließ Katharina Nehammer die Wohnung und verabschiedete sich von den Personenschützern…Der Autounfall der beiden Cobra-Beamten ereignete sich um 17:30 Uhr, also eine dreiviertel Stunde nach dem Auseinandergehen.
Die Geschichte mit den betrunkenen „Nehammer-Schützern“ ist ein Nest von Widersprüchen. Selbst in ÖVP-affinen Medien.