Ein Alko-Unfall, verursacht von einem betrunkenen Cobra-Polizisten unweit der Wohnung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), bringt den Kanzler in Bedrängnis. Der SPÖ-Abgeordnete Reinhold Einwallner hat dazu eine parlamentarische Anfrage eingebracht. Darin enthalten ist ein ausführliches Schreiben eines anonymen Cobra-Beamten, der massive Vorwürfe rund um diesen Vorfall, aber auch generell in Zusammenhang mit der Nutzung des Personenschutzes durch die Kanzler-Familie erhob.
Nehammer sieht seine Familie in Gefahr gebracht
Nehammer reagierte am Montagabend mit einer eilig einberufenen Pressekonferenz und warf Einwallner in dramatischen Worten vor, durch die Veröffentlichung des Schreibens seine Familie und insbesondere seine Kinder zu gefährden. Auf die konkreten Vorwürfe ging er dabei allerdings nur sehr spärlich ein.
Cobra-Beamte „verließen sturzbetrunken das Wohngebäude“ der Nehammers
Die haben es allerdings in sich. Zum fraglichen Tag, dem 13. März 2022, schreibt der anonyme Whistleblower laut der Anfrage des Abgeordneten Einwallner:
Die beiden Beamten begaben sich schließlich zu der Wohnanschrift der Familie Nehammer, wo sie umgehend im Zuge Ihres Dienstes eingeladen wurden, zur ihr in die Wohnung zu kommen. […] Jedenfalls kam es am Nachmittag des besagten Tages zum „ Supergau”. Die beiden Cobrabeamten verließen in Begleitung von Frau Katharina Nehammer offensichtlich sturzbetrunken das Wohngebäude und stiegen schwankend in den Dienstwagen ein. Beim Wegfahren touchierten sie dabei mehrere dort abgestellte Fahrzeuge und verursachten dabei einen enormen Sachschaden. Einer der Beamten war so stark betrunken, dass er nach dem Aussteigen aus dem Dienstfahrzeug zu Sturz kam und sich dabei eine blutende Schürf- bzw. Platzwunde am Kopf zuzog.
Hat die Kanzlergattin mitgetrunken?
Nehammer wich der Frage, ob seine Frau dabei war, als sich die beiden Beamten alkoholisierten, aus. Er könne wegen des laufenden Disziplinarverfahrens gegen die beiden nichts Näheres sagen, betonte aber, dass er sich zum Zeitpunkt des Unfalls gemeinsam mit seiner Frau außer Haus befunden habe.
Brisanter Vorwurf: Intervention beim Cobra-Chef
Sollten sich die Beamten tatsächlich in Anwesenheit der Kanzler-Gattin – oder gar mit ihr – betrunken haben, wirft das auf Katharina Nehammer zwar ein schlechtes Licht. Strafrechtlich ist das aber irrelevant. Die Polizisten müssen selbst wissen, dass sie im Dienst nicht trinken dürfen. Anders verhält es sich mit anderen Vorwürfen des anonymen Hinweisgebers, die der SPÖ-Abgeordnete Einwallner in seine Anfrage aufgenommen hat.
So hat man sich darauf geeinigt, das Dienstende (Regeldienstzeit: 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr) an dem besagten Tag vorzuverlegen. Somit soll dargestellt werden, dass der Unfall in der angeblichen Privatzeit der Beamten geschehen wäre. Es wird davon gesprochen, dass der Herr Bundeskanzler beim Direktor der DSE (Bernhard Treibenreif) interveniert hatte, den Vorfall so darzustellen. Offensichtlich dürfte der Bundeskanzler Angst davor haben, die beiden Beamten könnten mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit gehen. Zudem erschein Katharina Nehammer am 14. 3. 2022 im Hauptquartier des Einsatzkommandos Cobra in Wiener Neustadt zu einem Termin mit dem Direktor Bernhard Treibenreif.
Diese Vorwürfe nähren den Verdacht des Amtsmissbrauchs. Bundeskanzler Nehammer wies sie in der Pressekonferenz von sich – für ihn gilt ebenso die Unschuldsvermutung wie für seine Frau und den Cobra-Direktor Treibenreif, der laut Schilderung Ziel der Interventionen geworden sein soll.
Auch FPÖ erhielt Insider-Informationen
Nicht durchkommen dürfte Nehammer mit seiner Strategie, der SPÖ das Waschen von Schmutzwäsche auf Basis eines anonymen Schreibens zu unterstellen. Denn mittlerweile hat auch die FPÖ parlamentarische Anfragen eingebracht. Sie sind auf der Webseite des Parlaments noch nicht veröffentlicht, liegen unzensuriert.at allerdings bereits vor. In ihren Anfragen an den Bundeskanzler fassen die Abgeordneten Christian Hafenecker und Hannes Amesbauer die Hintergründe des Alko-Unfalls ihrem Informationsstand gemäß wie folgt zusammen:
Die Personenschützer der EKO Cobra, die für den Schutz von Kanzlergattin Katharina Nehammer [verantwortlich waren], sollen bei der Abfahrt vom Wohnsitz des Kanzlers […] zwei parkende Fahrzeuge mit ihrem Dienstwagen beschädigt haben.
Den Beamten der amtshandelnden Polizei-Inspektion soll die vermeintliche Alkoholisierung der Cobra-Beamten aufgefallen sein, weshalb die beiden Männer zur Polizeiinspektion gebracht wurden. Der Alkotest beim Fahrer soll einen Wert von 1,2 Promille Alkohol im Blut ergeben haben, der Beifahrer soll nicht mehr imstande gewesen sein, einen Test zu absolvieren. Im Zuge des Aufenthalts der beiden Cobra-Beamten in der Inspektion sollen diese derart aggressiv geworden sein, dass die WEGA alarmiert werden musste.
Als Sofortmaßnahme sollen die beiden Cobra-Beamten in den Innendienst versetzt worden sein. Das wollte Frau Nehammer aber offenbar nicht akzeptieren, weshalb sie ihren Mann, den Bundeskanzler der Republik Österreich, darum gebeten haben soll, in dieser Angelegenheit zu intervenieren.
Informationen zufolge soll Karl Nehammer eine gute Woche nach dem Vorfall die Zentrale der EKO Cobra in Wiener Neustadt besucht haben. Dieser Termin war nicht medienöffentlich.
Unfallauto angeblich in Meidlinger Kaserne „versteckt“
In ihrer Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) machen Hafenecker und Amesbauer noch ein weiteres Detail bekannt:
Das in den Vorfall involvierte Fahrzeug (dem Vernehmen nach ein Kombi der Marke Mercedes) gilt seitdem als verschollen. Es soll in der Meidlinger Kaserne „versteckt“ worden sein.
Hafenecker: Vorfall sorgt unter korrekten Beamten für Wut und Bestürzung
Die FPÖ-Abgeordneten beziehen sich, wie Christian Hafenecker gegenüber unzensuriert.at bestätigte, in ihren Anfragen nicht auf das anonyme Schreiben eines Cobra-Beamten, sondern wollen aus anderen Quellen von dem Vorfall erfahren haben. „Das Schreiben habe ich heute in der Anfrage des Kollegen Einwallner zum ersten Mal gesehen. Aber die Causa ist im Innenministerium, in der Polizei und vor allem in der Cobra ein offenes Geheimnis und sorgt unter korrekten Beamten für Wut und Bestürzung. Der Vorfall wurde mir bereits von mehreren Quellen unabhängig voneinander bestätigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die alle dieselben Geschichten erfinden“, so Hafenecker.