Serbien pocht immer mehr auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Zentrales Hindernis ist jedoch die Frage um den Kosovo. Serbien bekräftigt nun erneut, dass es zu einem Kompromiss bereit wäre. Der Kosovo geht jedoch nicht darauf ein.
Kosovo bis heute nicht international anerkannt
Im Rahmen der Balkankriege im zerfallenden Jugoslawien wollte sich der mehrheitlich albanisch bevölkerte Kosovo von Serbien abspalten. Es folgte der Kosovokrieg 1998/1999, bei dem die NATO die Unabhängigkeitsbewegung unterstützte und Serbien besiegte.
Die NATO besetzte daraufhin das Gebiet. 2008 rief der Kosovo offiziell seine Unabhängigkeit und die damit verbundene Selbstverwaltung aus. International sind die Länder über die Anerkennung des neuen Staates gespalten. Offiziell wird der Kosovo von den Vereinten Nationen nicht als Staat anerkannt. Dazu bedürfe es einer Zustimmung des Sicherheitsrates, in dem China und Russland in der Frage ihr Veto-Recht ausüben.
Keiner hat volle Kontrolle über das Gebiet
Rechtlich ist somit der Kosovo bis heute kein unabhängiger Staat. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass die Bundesrepublik Deutschland und Österreich den Kosovo anerkennen. In der EU erkennen fünf Staaten den Kosovo nicht an, da sie selbst Unabhängigkeitsbewegungen in ihren Ländern befürchten, wie etwa Spanien mit Katalonien und dem Baskenland.
Rein faktisch hat weder Serbien noch die Regierung in der kosovarischen Hauptstadt Pristina die volle Kontrolle über das Gebiet. Dies liegt unter anderem daran, dass die Abspaltung nicht nach ethnischen Grenzen geschehen ist. Im Nordkosovo leben mehrheitlich Serben, deren Gebiet nach wie vor von Belgrad militärisch gehalten und verwaltet wird. Berühmt geworden ist die Stadt Mitrovica, durch die sowohl die ethnische als auch die Militärgrenze verläuft.
Serbien würde Kriterien erfüllen
Serbien will der Europäischen Union beitreten. Wie Vorarlberg Online berichtet, betonte der serbische Außenminister Nikola Selakovic jüngst erneut, dass man alle Voraussetzungen erfülle:
Die Wirtschaft wird dieses Jahr um über sechs Prozent wachsen, bei der Staatsschuld erfüllen wir die Maastricht-Kriterien und die Arbeitslosenrate sank innerhalb weniger Jahre von 26,9 auf neun Prozent.
Gebietstausch wäre eine friedliche Lösung
Das einzige Hindernis scheint die Kosovofrage zu sein. Dabei wäre die Frage einfach zu lösen. Auch auf serbischem Gebiet finden sich an der Grenze zum Kosovo mehrheitlich albanisch besiedelte Landstriche, die etwa der Größe Nordkosovos entsprechen. Mit einem Gebietstausch, wie es viele in der Geschichte gegeben hatte, ließen sich die rechtlichen Grenzen an die ethnischen anpassen.
Serbische Regierung wäre zum Kompromiss bereit
Dass Serbien hierzu bereit wäre, betonte die Regierung in Belgrad nun erneut. In einem Gespräch mit der Deutschen Welle stellt Ivica Dacic, der Präsident des Parlaments der Republik Serbien, fest:
Man sollte miteinander reden, den Dialog fortsetzen. Ich wiederhole: Für mich ist alles akzeptabel, was unter einem Kompromiss subsumiert werden könnte, der einen Teil beider Interessen beinhaltet.
Auch Ministerpräsident Aleksandar Vucic gab sich zuletzt kompromissbereit, wie Kosmo berichtet:
Es ist ein Mythos, dass alles einfach ist und dass wir der Welt sagen sollten, dass sie Abstand vom Kosovo und Metohija nehmen sollen, weil sie nur uns gehören.
Orbán als treibender Motor
Blockiert wird ein Kompromiss jedoch von der Regierung in Pristina. Diese verlangt als Grundvoraussetzung für Verhandlungen, dass Serbien den Kosovo als Staat anerkennt, was Serbien nicht macht.
Dennoch nahm die Debatte um eine Kompromisslösung in den letzten Wochen neue Fahrt auf. Der treibende Motor dahinter ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Wie Radio Free Europe berichtet, betonte Orbán jüngst:
Ich unterstütze die Mitgliedschaft Serbiens in der EU eindeutig, weil der gesamte Westbalkan dahintersteht. Serbien ist ein Schlüsselland und die EU sollte das verstehen. […] Die Erweiterung sollte das wichtigste Projekt der Europäischen Union sein.
Mit der Aufnahme Serbiens würde der Westen an Macht verlieren
Dabei verfolgt Ungarn seine eigenen machpolitischen Ziele. Innerhalb der EU existiert längst ein weltanschaulicher Kampf zwischen Ost- und Westeuropa. Insbesondere durch Verfahren gegen Polen und Ungarn ist der Westen dabei in die Offensive gegangen.
Durch den jüngsten Austritt des Vereinigten Königreichs und einer Aufnahme der stark konservativen Balkanstaaten, die noch nicht Mitglied sind, würde Orban das Machtgleichgewicht stark in seine Richtung verschieben. Die Hilfe aus Belgrad wäre ihm gewiss: Serbien kritisierte die EU bereits scharf für die Verfahren gegen Ungarn.