Wolfgang Brandstetter

Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter ist Beschuldigter in einer heiklen Strafsache, die in das damalige ÖVP-Justizminsterium führt. Dennoch bleibt er – im Gegensatz zu Sektionschef Christian Pilnacek – im Amt.

28. Feber 2021 / 13:12 Uhr

Hat Brandstetter Hausdurchsuchung bei Tojner verraten? Verdacht des Staatsanwalts liest sich wie ein Krimi

Unzensuriert liegt die Anordnung der Staatsanwaltschaft zur Sicherstellung sämtlicher Datenverarbeitungsanlagen und sonstiger Speichermedien wie Mobiltelefone, Tablets, Laptops und PCs beim Richter des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Wolfgang Brandstetter, mit der Aktenzahl 48 St 22/21 k vor.

Tojner erlangte Bekanntheit mit Hochhausprojekt am Heumarkt

Die Begründung dieser Maßnahme beim ehemaligen, von der ÖVP-geführten Bundesregierung entsandten Justizminister Brandstetter liest sich wie ein Krimi. Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft: Brandstetter soll den Immobilien-Unternehmer Michael Tojner, der durch das umstrittene Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt Bekanntheit erlangte, über eine gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen des Unternehmers im 6. Wiener Gemeindebezirk informiert haben.

Wurde Zeitpunkt der Hausdurchsuchung von Pilnacek verraten?

Den genauen Termin für diese Hausdurchsuchung habe Brandstetter am 24. Juni 2019 vom jetzt suspendierten Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, der zu diesem Zeitpunkt Generalsekretär im Justizministerium war, erfahren und an Tojner verraten. Im Akt der Staatsanwaltschaft heißt es dazu:

Gegen Dr. Wolfgang Brandstetter liegt der Verdacht vor, dadurch das Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 12 zweiter Fall, 310 Abs 1 StGB begangen zu haben.

Ermittlungen wegen schweren Betrugs und Untreue

Gegen Michael Tojner ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seit Jänner 2019. Unter dem Aktenzeichen 62 St 1/19x wird Tojner gleich mehrerer Verbrechen verdächtigt: schwerer Betrug, Untreue und „andere strafbare Handlungen“.

Die Staatsanwaltschaft stützt sich in ihrem Verdacht, Pilnacek und Brandstetter könnten Amtsgeheimnisse verraten haben, im Wesentlichen auf Chatprotokolle. Demnach soll Brandstetter zwischen Jänner 2019 und April 2019 mindestens drei Mal mit Pilnacek über das Verfahren gegen Tojner gesprochen haben.

Die Chatprotokolle zwischen Brandstetter und Tojner

Am 23. Jänner 2019 schrieb Tojner an Brandstetter:

Hast du mit ihm gesprochen?

Woraufhin dieser unter anderem antwortete:

Hatte ein sehr gutes Gespräch mit dem Generalsekretär, der das Email schon gelesen hat. Wir waren uns einig, dass aus rechtsstaatlichen Gründen alles vermieden werden muss, was den Schaden für die Unternehme weiter vergrössert, und er wird darauf achten…

Am 11. Februar 2019 schrieb Brandstetter an Tojner:

Hatte Kontakt mit Pilnacek, habe ihm gegenüber kräftige Schadenersatzkalge angekündigt…

Tojner frage nach:

Gibts ein hd risiko?

Darauf Brandstetter:

Das kannst du nicht ausschliessen, aber Gott sei Dank haben die im Ministerium grundvernünftige Ansichten, was beruhigend ist…

Am 12. April schrieb Brandstetter an Tojner:

Treffe am Montag den Generalsekretär, Den will ich natürlich schon über die jüngsten und eher kalmierenden Entwicklungen informieren, wenn das ok ist…

Tojner darauf:

Sicher.

Telefonischer Kontakt und belastendes SMS

Am 24. Juni 2019, einen Tag vor der Hausdurchsuchung, soll es in der Zeit von 8.19 bis 15.20 Uhr zwischen Brandstetter und Tojner drei Telefonate gegeben haben, „wobei derzeit nicht fest steht, ob tatsächlich Gespräche stattfanden oder es sich um Anrufversuche handelte“, so der ermittelnde Staatsanwalt im Akt.

Gesichert hingegen ist eine längere Nachricht von Brandstetter rund 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung bei Tojner am 25. Juni 2019, in der Brandstetter an Tojner unter anderem schrieb:

Wenn die heute kommen: ganz ruhig blieben… Rechtsmittel gegen diese HD machen absolut Sinn. Die betroffenen Anwälte werden Versiegelung beantragen, hab das gestern mit Karl besprochen. Bin per SMS immer erreichbar“ Venceremos!

Brandstetter darf weiter Richter des VfGH sein

„Venceremos“ heißt: Wir werden siegen. Ob Brandstetter mit dieser Vorhersage Recht behält, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Unverständlich ist aber, dass Pilnacek als Sektionschef im Justizministerium nach Bekanntwerden dieser Causa sofort suspendiert wurde, der Richter im Verfassungsgerichtshof, Wolfgang Brandstetter, aber weiterhin im Amt bleiben darf.

Ein Normalbürger mag sich nach den Entwicklungen in dieser Strafsache, aber auch nach der Veröffentlichung der Chatprotokolle in der Affäre um ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, gar nicht vorstellen, wie es im Hinterzimmer der politischen Elite zugeht.

Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

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