Wie tief ist eigentlich die Krise in der schwarz-grünen Koalition? Diese Frage stellt man sich wohl zu Recht, wenn man einen Blick in das Parlament macht.
Dokumente versteckt und Fingerkuppen manipuliert
Denn dort gab es eine höchst ungewöhnliche Anfrage des ÖVP-Abgeordneten Hermann Gahr an ÖVP-Innenminister Karl Nehammer. Gahr will wissen, ob seine grüne Kollegin im Nationalrat, Barbara Neßler, und der grüne Bürgermeister in Innsbruck, Georg Willi, nach einer linken Demo gegen Abschiebungen am 30. Jänner bei der Polizei für eine Freilassung der Festgenommenen interveniert haben.
Der Anfrage ist zu entnehmen, dass bei dieser Demo, bei der einige Teilnehmer gewaltsam gegen Polizisten vorgegangen seien, 15 Personen festgenommen wurden. Viele gehören dem gewaltbereiten, linksradikalen „schwarzen Block“ an. Dem Vernehmen nach wurden bewusst Dokumente versteckt und Fingerkuppen manipuliert, um eine Identitätsfeststellung zu verhindern.
Für Freilassung der kriminellen Teilnehmer stark gemacht
Die Festgenommenen sind dann bald wieder enthaftet worden. Die ÖVP vermutet nun, dass die Grünen dafür interveniert haben. So heißt es in der parlamentarischen Anfrage wortwörtlich:
Diese Personen wurden ins Polizeianhaltezentrum „Ziegelstadl” in Innsbruck gebracht. Laut mehreren Medienberichten (Quelle: https://www.krone.at/2337315) sollen sowohl die Grüne Abgeordnete Barbara Neßler als auch der lnnsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) mehrfach angerufen haben. Laut Medienberichten wird angenommen, dass sich die Grün-Politiker für die Freilassung der kriminellen Teilnehmer stark gemacht haben sollen.
Koalition in neuem Tiefpunkt
Jetzt fragt man sich freilich, warum dazu eine Anfrage im Nationalrat notwendig ist? Reden die ÖVP-Abgeordneten mit den Abgeordneten der Grünen kein Wort mehr? Funktioniert die Kommunikation nur noch über offizielle Anfragen im Parlament? Traurig, wenn das so wäre und die Koalition sich in einem neuen Tiefpunkt befände.
Ganz abwegig scheint dieser Gedanke jedenfalls nicht zu sein, denn sonst hätte Gahr seine Kollegin Neßler direkt im Plenum des Nationalrates ansprechen oder einfach zum Telefon greifen können. So aber muss er jetzt warten, bis er von seinem Innenminister Antwort bekommt. Bis 22. April hat Nehammer dafür Zeit.
Neßler: “ÖVP geht es darum, etwas zu konstruieren”
Dass ausgerechnet vom Koalitionspartner eine Anfrage beim Innenministerium erfolge, sei “sehr irritierend”, sagt Neßler gegenüber dem Standard. Sie habe mit dem Einsatzleiter gesprochen, “um mir die Situation aus seiner Warte schildern zu lassen, und wollte per Anruf in Erfahrung bringen, wie viele Demonstrantinnen und Demonstranten festgehalten bzw. verhaftet wurden und warum”. Der Beamte habe ihr aber keine nähere Auskunft geben können. “Nach 27 Sekunden war das Gespräch beendet und damit erledigt”, so Neßler im Standard. In Richtung Gahr sagte sie:
Der Herr von der ÖVP hätte mich auch einfach anrufen können. Dann wäre das schneller als in 27 Sekunden geklärt gewesen. Aber offenbar geht es ihm mehr darum, etwas zu konstruieren.