Nach Bayern hatte auch Österreich unlängst eine FFP2-Maskenpflicht für weite Teile des öffentlichen Lebens eingeführt – doch damit stehen die Regierungen von Ministerpräsident Markus Söder und Bundeskanzler Sebastian Kurz in Europa relativ alleine da, denn viele europäische Staaten halten eine solche Pflicht für wissenschaftlich nicht sinnvoll.
Nachdem das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) bereits im Jänner darauf hinwies, dass die Atemschutzmasken des Typs FFP2 für den privaten Gebrauch nicht geeignet seien und für ältere Personen und Lungenkranke sogar gefährlich werden können, schließt sich nun auch die EU an und rät von einer FFP2-Pflicht ab: Wie Die Presse berichtet, hält die europäische Gesundheitsbehörde ECDC die Tragepflicht von FFP2-Masken im Alltag für wenig zielführend, besonders die hohen Kostenpunkt stehen dabei im Mittelpunkt der Kritik.
EU-Agentur hält Mehrwert von FFP2-Masken für “sehr gering”
Auf Anfrage der Presse teilt ein Sprecher der ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) mit, dass eine FFP2-Pflicht aus wissenschaftlicher Perspektive äußerst fragwürdig sei:
Der erwartete Mehrwert des allgemeinen Einsatzes von FFP2-Atemschutzmasken in der Gesellschaft ist sehr gering […] Zusätzlich rechtfertigen die potenziellen Kosten und Nachteile eine Empfehlung für ihre Verwendung in der Öffentlichkeit anstelle von anderen Arten von Masken nicht.
Auch Corona-Mutanten rechtfertigen keine FFP2-Maskenpflicht
Die seit dem 25. Jänner in Österreich geltende FFP2-Maskenflicht wird ab der kommenden Woche ausgeweitet: Das Gesundheitsministerium begründet diesen Schritt mit den neuen angeblich ansteckenderen Mutationen des Coronavirus. Die EU-Gesundheitsagentur in Stockholm sieht das jedoch anders: Laut der Agentur, die für alle EU-Staaten wissenschaftliche Empfehlungen ausspricht, erfordern die Covid-19-Mutanten “keine anderen Typen von Masken als jene, die derzeit schon verwendet werden.“
FFP2-Pflicht in Österreich trotz fehlender Evidenz
Der Behörde des grünen Gesundheitsministers Rudolf Anschober soll die EU-Studie indes bekannt sein: Entgegen der wissenschaftlichen Expertise der EU-Agentur hält man aufgrund des vermeintlich höheren Infektionsrisikos in kontaktintensiven Bereichen die FFP2-Tragepflicht weiterhin für “fachlich sinnvoll”. Auch in der “Fachlichen Begründung zur Verordnung” des Ministeriums findet sich das Argument, dass die Virus-Variante B.1.1.7 aus Großbritannien um etwa “70 Prozent ansteckender als die gängige Variante” sei:
Daher wird die Pflicht für das Tragen von FFP2-Masken in Bereichen mit Kontakthäufungen (Öffentlichen Verkehr, Handel, Gastronomie) als fachlich sinnvoll erachtet.
Frankreich: Maskenpflicht wäre “exzessiv”
Während Gesundheitsminister Anschober weiterhin trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse an der FFP2-Pflicht festhält, orientiert man sich in anderen Ländern an der Meinung der Gesundheitsexperten: So soll die FFP2-Maske in Belgien keine Pflicht werden, wie der belgische Regierungsberater Ayes Van Laethem sagte – ähnlich wie das RKI verweist Van Laethem darauf, dass bereits eine gut sitzende OP-Maske einen Eigenschutz böte.
Auch in Frankreich wird von der Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken abgesehen. Diese sind laut Gesundheitsminister Olivier Méran keine sinnvolle Alternative zu den bisher getragenen Masken. Das Mitglied des Gesundheitsrates, Fabien Squizani sagte gegenüber dem Le Journal du Dimanche sogar, dass das Ersetzen der weit verbreiteten OP-Masken durch FFP2-Masken “exzessiv” wäre.