Der Bericht einer Untersuchungskommission von Justiz- und Innenministerium zum Terroranschlag in Wien störte einen Tag vor dem Heiligen Abend den Weihnachtsfrieden.
Unvermögen und Ressourcenschwäche
Zusammengefasst kann nämlich gesagt werden, dass alle Geheimdienste von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) pauschal versagt haben. Sei es aus Unvermögen oder Ressourcenschwäche. Das hat FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl zwar auch schon unmittelbar nach dem Attentat, bei dem vier Menschen gestorben sind, gesagt, doch jetzt gibt es die schweren Anschuldigungen auch schwarz auf weiß.
Im Grunde brachte die Untersuchungskommission kaum Neues zutage, zum Teil auch deshalb, weil das Innenressort aus „nachrichtendienstlichen Gründen“ nicht alles öffentlich machte, wie der Generalsekretär des Ministeriums, Helmut Tomac, erklärte. Schuld an der ganzen Misere sollen kleine Beamte gewesen sein, von politischem Versagen des ÖVP-Innenministers Karl Nehammer ist im Bericht keine Rede.
“Nachdrücklich zum Schweigen verpflichtet”
Der Angreifer wurde im Dezember 2019 vorzeitig bedingt aus einer 22-monatigen Haftstrafe wegen terroristischer Vereinigung – er hatte sich in Syrien der radikalislamistischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anschließen wollen – entlassen.
Interessant die Passage, in der ein einziger Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terorrismusbekämpfung (LVT) das Treffen des späteren Attentäters Mitte Juli mit bundesdeutschen und schweizer Islamisten als „hochgefährliche Terrorzelle“ einstufte. Er sagte gegenüber der Untersuchungskommission aus, dass das BVT ihn „nachdrücklich zum Schweigen verpflichtet“ habe. Das BVT bestritt das.
Munition für automatisches Sturmgewehr
Geschlampt wurde – auch das ist bereits unmittelbar nach dem Anschlag von Kickl scharf kritisiert worden – von den Behörden, als eindeutige Hinweise der slowakischen Behörden gemeldet wurden, dass der 20-Jährige am 21. Juli versucht hatte, in Pressburg (Bratislava) Munition für ein automatisches Sturmgewehr zu kaufen, das er später beim Terroranschlag benutzte.
Wenn nicht schon vorher, aber spätestens jetzt hätten die Geheimdienste den nur auf Bewährung auf freiem Fuß befindlichen Islamisten wieder in Haft nehmen müssen und so das Attentat verhindern können.
Verunsicherung der Belegschaft als Argument fürs Versagen
Taten die Geheimdienste das nicht, weil einige Beamte im BVT von einer Hausdurchsuchung im Zuge eines Ermittlungsverfahrens der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Jahr 2018, also vor zwei Jahren (!), traumatisiert waren? Im Bericht wird nämlich behauptet, dass seither eine große Verunsicherung der Belegschaft wahrnehmbar sei. Auch dieses Argument wurde allen Ernstes als Ausrede für das pauschale Versagen rund um das Attentat in Wien angeführt.
Entgegen ersten, plumpen Schuldzuweisungen von ÖVP-Innenminister Karl Nehammer Richtung Justizministerin Alma Zadic (Grüne) attestiert der Bericht nun „ein korrektes Handeln der Justiz“. Ein Schelm, wer denkt, dass dieser plötzliche Meinungsschwenk etwas mit Wahrung des Koalitionsfriedens zu tun haben könnte. Oder im Innenministerium ist man endlich draufgekommen, dass bei der vorzeitigen Entlassung des späteren Attentäters nicht Zadic im Amt war, sondern Ende 2019 Clemens Jabloner von der sogenannten Expertenregierung.
Kickl: “Nicht nur Kurz muss weg, auch Nehammer ist längst fällig”
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl nahm zu diesem Bericht der internen Kommission des Innenministeriums auf seiner Facebook-Seite Stellung:
23. Dezember, früher Abend. Aus Sicht der ÖVP-Strategen der ideale Zeitpunkt, um ein für sie schon jetzt desaströses Ergebnis in der Vorweihnachtsphase medial klein zu halten oder gleich ganz zu „verräumen“. Wir werden der Sache im kommenden Jahr die notwendige Öffentlichkeit geben. Nicht nur Kurz muss weg, auch Nehammer ist längst fällig.
Neos: “BVT für ÖVP parteipolitische Spielwiese”
SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sagte: Der Zwischenbericht zeige das Bild eines nicht funktionierenden BVT, das seit Jahrzehnten unter ÖVP-Ministern gearbeitet hat. Trotz großer Ankündigungen von Nehammer „hat sich an dieser Situation offenbar nichts geändert“.
Scharfe Kritik kam auch von den Neos. Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper:
Das BVT, das von Beginn an von der ÖVP als parteipolitische Spielwiese missbraucht wurde, war nicht imstande, entscheidenden Hinweisen nachzugehen und Menschenleben zu schützen.