Sebastian Kurz / Heinz Faßmann

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) tappte heute, Mittwoch, beim Pressefoyer nach dem Ministerrat in Unkenntnis über die eigene Strategie für Coronavirus-Massentests in die TV-Falle.

25. November 2020 / 20:20 Uhr

Anschobers Strategie: Gehen Sie ohne begründeten Verdacht nicht testen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat heute, Mittwoch, im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf die Frage einer Servus-TV-Journalistin, was er dazu sagt, dass die FPÖ rät, sich nicht auf Corona testen zu lassen, geantwortet: Das sei „verantwortungslos“ (siehe auch ORF-TVthek ab Minute 54:40).

Kurz gegen Anschober live im TV

Mit dieser Stellungnahme live im Fernsehen widerspricht der Kanzler aber entschieden der Teststrategie seines Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne). Darin heißt es schwarz auf weiß:

(…) Testen ohne begründeten Verdacht erhöht außerdem die Anzahl falsch-positiver Ergebnisse und belastet die vorhandene Testkapazität. Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat eine zielgerichtete Teststrategie entwickelt, die sich an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und des ECDCs orientiert.

Belakowitsch zitierte aus Teststrategie des Gesundheitsministers

Genau das hat FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin Dagmar Belakowitsch bei ihrer ebenfalls am Mittwochvormittag abgehaltenen Pressekonferenz gesagt und aus der Teststrategie des Gesundheitsministeriums vorgelesen.

Kanzler Kurz hat wohl in Unkenntnis dieser Teststrategie seines Gesundheitsministers und Koalitionspartners der FPÖ Verantwortungslosigkeit vorgeworfen. Die Medien haben diese Stellungnahme ohne Widerspruch hingenommen – keiner wollte oder konnte den Kanzler mit diesem wichtigen Bestandteil des österreichischen Aktionsplans zur Pandemiebekämpfung konfrontieren.

Einmaliger Test auch unter Hochrisikogruppen sinnlos

Die Grenzen von Coronavirus-Massentests zeigte dafür tags davor im ORF-Report der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Universität Krems, der auch in der Corona-Ampel-Kommission sitzt, auf:

Man müsste die Tests mehr als einmal machen. Ein einmaliger Test, auch unter Hochrisikopersonen, ist eigentlich sinnlos, weil es keine perfekten Tests gibt.

Tausende gesunde Österreicher in Isolation

Gegenüber dem ORF warnt Gartlehner vor falsch-positiven Testergebnissen, wenn also gesunde Menschen als krank klassifiziert werden:

Ich habe das einmal kurz durchgerechnet. Wenn man fünf Millionen Österreicherinnen und Österreicher testet, muss man davon ausgehen, dass man ca. 150.000 falsch positive Tests dadurch generiert. Das bedeutet, dass man tausende Österreicherinnen und Österreicher in Isolation schicken würde, obwohl sie gesund sind.

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