Milosz Matuschek, stellvertretender Chefredaktor bei der liberalen Zeitschrift Schweizer Monat, hatte seit sechs Jahren eine Kolumne in der konservativen NZZ. Am 1. September zeigte er in einem Beitrag Verständnis für Corona-Kritiker:
Was, wenn am Ende „die Covidioten“ recht haben?
Der gebürtige Pole verwies auf die leeren Spitäler und geringe Covid-19-Sterblichkeit, die mit den verordneten Radikalmaßnahmen nicht in Einklang stünden. Der Beitrag brachte der NZZ hohe Zugriffszahlen und zahlreiche Kommentare – ein voller Erfolg.
Drohung mit dem Anwalt als Disziplinierungsmaßnahme
Bis der Beitrag auch auf der Internetseite von Ken Jebsen auftauchte, einem ehemaligen Fernseh- und Radiomoderator vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), der angesichts seiner Kritik an den Corona-Maßnahmen als „Verschwörungstheoretiker“ diffamiert wird. Umgehend teilte die NZZ mit, gegen Jebsen mit dem Anwalt vorzugehen.
Allerdings wird das schwierig. Denn laut Matuschek habe er nie sein Urheberrecht an Kolumnen und Kommentaren der NZZ übertragen. Es hätte nie einen Vertrag darüber gegeben, weshalb die NZZ gar keine juristischen Mittel in der Hand hätte, um die Zweitpublikation zu ahnden.
Doch, wie beim Kommunisten Mao Tse-tung, geht es nicht nur um die „Bestrafung des einen, sondern um die Erziehung der hundert anderen“.
Säuberungsaktion gegen Systemkritiker
Wenige Tage später folgte Teil zwei der Säuberungsaktion. Die NZZ schmiss Matuschek hinaus.
Die Kolumne vom 01. September 2020 war nun auch die letzte, wie mir die @NZZ soeben mitteilte. Das ist schade, aber ich bin dankbar für fast sechs Jahre Kolumnistentätigkeit bei einer Zeitung, die für eine Grosszügigkeit im Denken steht. https://t.co/KnZ0Atul6D
— Milosz Matuschek (@m_matuschek) September 8, 2020
Auf Anfrage zeigte er sich in einer Email-Antwort ratlos darüber, warum ihn die NZZ gekündigt hat:
Ich denke: Bei gleichem Inhalt? What’s the difference? Mein Zeug wird dauernd auf irgendwelchen seltsamen Blogs kopiert, sogar der „Osservatore Romano“ hat mir schon was geklaut.
Gretchenfrage vom geschassten Kommentator
Matuschek kann damit leben und fragt:
Befleckt jetzt eine Plattform über einen Text auch eine andere Plattform? Ich war bei Jebsen sogar schon zu Gast, hat auch keinen gestört … die haben sich von Reda el Arbi aufstacheln lassen … und wie ich meine überreagiert.
Arbi, früher Redakteur beim Tages-Anzeiger, heute laut Selbstbezeichnung „Journalist, Blogger, Campaigner“, soll Jebsen vernadert haben. Erfreut über die Absetzung von Matuschek durch die NZZ twitterte er: „Handlungen haben Konsequenzen.“
NZZ löscht Erfolgsbeitrag
Die NZZ ihrerseits hat den Matuschek-Beitrag inzwischen gelöscht.
Man hat offenbar kalte Füße bekommen, der Kritik an den Corona-Maßnahmen erstmals so breiten Raum gewidmet zu haben. Statt ihrem Ruf, das „Westfernsehen der heutigen Zeit“ zu folgen und Meinungsvielfalt zuzulassen, hat man sich wieder in die Reihe der Regierungssprachrohre eingereiht. Dies wird bestimmt mit zahlreichen Anzeigen belohnt werden.