Wie unzensuriert bereits im April berichtete, stellten Wissenschaftler der Bonner Universitätsklinik den Zwischenbericht ihrer vielbeachteten Studie vor: Das Team unter der Leitung von Virologie-Professor Hendrik Streeck untersuchte anhand von Antikörper-Tests die Sterblichkeit des neuartigen Coronavirus in Deutschlands “Corona-Hotspot” Heinsberg, einem Landkreis in Nordrhein-Westfalen, der von der Epidemie besonders stark betroffen war.
Sterblichkeit kaum höher als bei Grippe
In der 15.000-Einwohner-Gemeinde Gangelt wurde damals bei 15 Prozent der untersuchten Bewohner eine Infektion mit dem Virus nachgewiesen, die Dunkelziffer war wahrscheinlich deutlich höher. Da bei der großen Zahl an Infizierten nur wenige Todesopfer in Gangelt zu beklagen waren, berechneten die Bonner Wissenschaftler eine Sterblichkeitsrate von gerade einmal 0,37 Prozent – immerhin fünfmal weniger, als das Robert Koch-Institut (RKI) regelmäßig verkündet.
Endbericht der Studie veröffentlicht
Kaum war der erste Zwischenbericht der Studie veröffentlicht, machte sich Virologe Streeck unbeliebt: Da er eine Lockerung der Corona-Maßnahmen forderte, stürzten sich nicht nur Medien, sondern auch Kollegen auf ihn, weil die Studienergebnisse ohne Manuskript nicht detailliert und repräsentativ genug wären, wie viele Experten befanden. Nun hat das Team der Universität Bonn den endgültigen Bericht vorgelegt: Die Mortalitätsrate, also das Risiko, direkt an einer Corona-Infektion zu sterben, liegt weiterhin bei 0,37 Prozent, was auch den Ergebnissen zahlreicher anderer Forschungen entspricht.
Überraschend: Das Risiko, sich in einem Haushalt mit nur zwei Personen anzustecken, liegt bei nur 44 Prozent, in Vier-Personen-Haushalten ging die Infektions-Wahrscheinlichkeit sogar auf 18 Prozent zurück.
1,8 Millionen Deutsche schon infiziert?
Da die Heinsberger Städte und Gemeinden stärker betroffen waren als jede andere Region in Deutschland, lassen sich die Zahlen der Heinsberg-Studie wohl nicht ohne weiteres auf die ganze Bundesrepublik anwenden, zu einer Hochrechnung ließ sich der Epidemiologe Gunther Hartmann auf der Pressekonferenz trotzdem hinreißen: Sollten die Zahlen von Gangelt bundesweit gültig sein, dann wären in Deutschland fast 1,8 Millionen Menschen bereits mit dem Virus infiziert gewesen – die bisher 6.700 Toten wären dann eine verschwindend geringe Zahl.