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Die ÖBB sagt nicht, wie der Millionen-Deal bei der Anschaffung der Uniformen über die Bühne ging.

31. Jänner 2015 / 21:17 Uhr

ÖBB-Uniformen: Ein Geschäft unter Freunden?

Zu einem handfesten Skandal scheint sich die Beschaffung der ÖBB-Uniformen auszuweiten. Nach dem Unzensuriert-Bericht über Merkwürdigkeiten bei der Ausschreibung und der Vermutung, dass zum Schluss gar eine Geisterfirma zum Zug gekommen sei, meldeten sich in der Redaktion Firmen, die um den 11-Millionen-Euro-Auftrag der ÖBB mitgeboten hatten, im Mai 2014 jedoch eine Absage erhielten. Nichts Ungewöhnliches, daher nahm man den Zweizeiler zuerst auch ohne Murren zur Kenntnis. Doch dann, als die Siegerfirmen dieser Ausschreibung durchsickerten, wurde es immer wahrscheinlicher, dass es zu einem unmoralischen Geschäft unter Freunden gekommen sein könnte.

Welche Firmen den Zuschlag für die Uniformen, Blusen, Hemden und Steppjacken bekamen, sagt die ÖBB nicht. Bei Fragen die Ausschreibung betreffend ist Unzensuriert.at beim Pressessprecher der ÖBB Holding AG, Michael Braun, auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Kurz und bündig teilte er der Redaktion mit: "Ich habe in meiner letzten Stellungnahme ja bereits auf die Ausschreibung, die wir für die Beschaffung durchgeführt haben, verwiesen. Wir haben rechtlich einwandfrei gehandelt." Konkret antwortete Braun damals so:

Bitte um Verständnis, wir können unmöglich zu jeder unserer Beschaffungen solche Details kommunizieren. Ich sehe ehrlich gesagt auch den Mehrwert für den Leser nicht, denn was ich sagen kann ist, dass die ÖBB ein transparentes Vergabeverfahren im Sinne des Bundesvergabegesetzes i.d.g.F. durchgeführt hat.

Darf die ÖBB, die jährlich zwischen fünf und sieben Milliarden Euro an Steuergeld verschlingt, auf eine Medienanfrage so reagieren? Der Verkehrssprecher der Freiheitlichen, Gerhard Deimek, sagt "Ja". Die ÖBB sei eine Aktiengesellschaft, deren Aktien zwar zu hundert Prozent im Besitz der Republik Österreich stehen, aber als ausgelagerte AG könne sie machen, was sie will. Rein gesetzlich gesehen, moralisch sei das wieder eine andere Sache.

Firmen mit "familären" Auffälligkeiten

Wenn Pressesprecher Braun sagt, "wir haben rechtlich einwandfrei gehandelt", dann bezweifeln das einige Firmen, die bei dieser Ausschreibung Anfang 2014 mitmachten. Nachforschungen ergaben vieles, das nach Aufklärung schreit.

Erste Merkwürdigkeit: Ausgerechnet ein gewisser Manfred K. aus Augsburg in Deutschland bekam von den ÖBB den Auftrag zur Ausschreibung. Ihm sollen vonseiten der früheren Quelle-Geschäftsführung unseriöse Praktiken in Bezug auf eine Ausschreibung für die Deutsche Bahn vorgeworfen worden sein, worauf der Vertrag mit K. angeblich fristlos gekündigt wurde. Auch K. redet mit Unzensuriert nicht, eine Mail-Anfrage blieb unbeantwortet.

Zweite Merkwürdigkeit: Jene Firmen, die vermutlich den Auftrag bekamen, nämlich die ITL Intelligent Textile Logistic in München, die GCL GmbH in Augsburg und die Majuco GmbH in Wien, haben laut Firmenbuch familiäre Verbindungen. Florian L. ist Geschäftsführer der ITL, sein Bruder Georg L. Gesellschafter und Geschäftsführer der GCL GmbH und eine gewisse Corinne L.-P. betätigt sich als Geschäftsführerin bei der Majuco GmbH. Bei den Recherchen fiel überdies auf, dass der Vater von Manfred K. eine IP-Adresse bei der Firma GCL hat.

ÖBB schweigt zu Merkwürdigkeiten

Zu alldem und zu Fragen der ungewöhnlichen Ausschreibung wollte keiner etwas sagen. Die ÖBB auch nicht, als Unzensuriert.at sie mit den weiteren Recherche-Ergebnissen konfrontierte, Manfred K. nicht und auch nicht die betroffene Firma Majuco, die nur mitteilte, dass "wir bei laufenden Ausschreibungsverfahren aus Kundendiskretion keine Auskunft erteilen".

Vom Kartellgericht verurteilt

ÖBB-Aufsichtsratspräsidentin Brigitte Ederer hat erst vor Kurzem die Managerqualitäten des ÖBB-Generaldirektors Christian Kern gelobt. In Kreisen der SPÖ wird dieser Mann ja als Nachfolger des angeschlagenen Kanzlers Werner Faymann gehandelt. Bei solchen Vorkommnissen und Intransparenz, die das Unternehmen an den Tag legt, fragt man sich schon, ob Kern alles im Griff hat? Ein 11-Millionen-Auftrag für Uniformen, bei dem es massiv nach Absprachen riecht, wird Kern noch nicht zu Fall bringen. Aber da wäre noch die Verurteilung des Kartellgerichts zu einer Strafzahlung in Höhe von 8,5 Millionen Euro, weil angeblich auch die ÖBB mit Spediteuren Preisabsprachen machte (nicht rechtskräftig), und da wäre noch die massive Kostenüberschreitung beim Bau des Hauptbahnhofes Wien, bei dem die Kosten laut der Tageszeitung Die Presse von ursprünglich geplanten 420 Millionen auf mehr als eine Milliarde Euro anwuchsen. Es stellte sich heraus, dass die ÖBB und die Stadt Wien bei der Veröffentlichung der Kostenschätzung im Jahr 2003 einfach "vergessen" hatten, 20 Prozent Umsatzsteuer und die Inflation während der Bauzeit miteinzubeziehen.

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