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29. März 2014 / 09:04 Uhr

Großer Preis und kleiner Wert? – Von Baumärkten und Kunstwerken

Die Baumarktkette Baumax ist von der Pleite bedroht. Damit sind rund 4.000 Arbeitsplätze bedroht. Eine Schreckliche Situation für die Mitarbeiter und ihre Familien. Insbesondere die defizitären Baumax-Standorte Ost- und Südosteuropa bringen das Unternehmen in Bedrängnis. Nun tritt der Baumarkt-Gründer Karlheinz Essl mit einer Idee an die Öffentlichkeit. Er bittet um staatliche Hilfen für sein Unternehmen und bietet der öffentlichen Hand im Gegenzug den Kauf seiner berühmten Sammlung zeitgenössischer Kunst an.

Gastkommentar von Barbara Rosenkranz

Klingt zunächst durchaus selbstlos. Da ist ein Firmengründer, der seine private Kunstsammlung, die er über Jahrzehnte zusammengestellt hat, dem Staat überlässt, wenn dieser sein Unternehmen und die Arbeitsplätze rettet. Lobenswert, oder? Blickt man genauer hin, bietet sich ein anderes Bild. Bei einer Baumax-Pleite fallen nämlich auch die Kunstwerke der Insolvenzmasse zu. Zwar hat Essl seine Kunstsammlung vor zwei Jahren in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht, doch damit ist die notwendige Fünfjahresfrist, die die Sammlung vor dem Masseverwalter bewahren würde, nicht erreicht. So drängt sich der Eindruck auf, der Republik sei die Pistole angesetzt: Entweder ihr helft und kauft die Bilder –  oder die Kunstsammlung ist futsch. Nun wird eine drohende Zerschlagung der Essl-Sammlung für nur wenige ein Horrorszenario darstellen.

Edler Sammler, verantwortungsvoller Minister?

Viele fragen sich ohnehin: Warum wird die Kunstsammlung nicht einfach Stück für Stück verkauft – müsste das nicht rentabler sein? Doch hier mahnt auch schon das Kulturministerium: Ein Verkauf der Sammlung auf dem Kunstmarkt würde zu einem Preisdumping für zeitgenössische Kunst aus Österreich führen, denn der Markt wäre dann “überschwemmt”.

Gefragte Künstler, begehrte Werke?

Doch was heißt das? Verkauf auf dem Kunstmarkt bedeutet, dass nun auch Otto Normalverbraucher einen Nitsch oder einen Rainer gegen den obligaten röhrenden Hirsch über dem Sofa austauschen kann. Ja, wenn Otto Normalverbraucher das überhaupt möchte. Was den angesprochenen Preisverfall betrifft: Zeigt sich, dass es in Wahrheit kaum einen Markt für die staatlich hochsubventionierten Werke gibt? Kann das bedeuten, dass etliche Kulturschaffende lediglich durch die politische Klasse und mit Hilfe von Otto Normalverbrauchers Steuergeld zu Stars der Kulturszene aufgepumpt worden sind? Ganz offensichtlich wird befürchtet: Sollte die Essl-Sammlung auf dem Kunstmarkt angeboten werden, droht das Platzen einer staatlichen Kunstblase.

Leere Geldbörsen, volle (Bau-)Märkte?

Doch zurück zum eigentlichen Problem, den bedrohten Arbeitsplätzen, und der Frage, wie das Unternehmen in eine solche Schieflage geraten konnte. Wie so viele österreichische Unternehmen hoffte auch Baumax, in den Staaten des ehemaligen Ostblocks als erster Fuß zufassen und schnelle Gewinne zu erzielen. Wie bei so vielen österreichischen Unternehmen ging dies auch eine Weile recht gut. Die billigen Baugründe, das niedrige Lohnniveau und auch die zahlreichen Förderprogramme warfen genug ab, um einen entsprechend hohen Gewinn zu ermöglichen. Doch nach der Anfangseuphorie stellte sich rasch Ernüchterung ein. Das mussten nicht nur viele österreichische Banken erfahren.

Die versprochene schnelle Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West ist bis heute ausgeblieben. Auch wenn in einzelnen Staaten das Lohnniveau beachtlich angestiegen ist, ist der private Konsum hinten geblieben. Anders als es selbsternannte Experten vorausgesagt hatten: Ein solider Mittelstand konnte sich bis heute nicht bilden. Und letztlich hat die allgemeine Finanz- und Wirtschaftskrise auch die jungen EU-Staaten in Ost- und Südosteuropa getroffen. Marktforscher Mark Ruhsam vom Institut RegioData erklärte dies vor zwei Jahren in der Presse wie folgt: “Wenn die Menschen unsicher sind, was die Zukunft bringt, neigen sie dazu, weniger Investitionen, insbesondere im langfristigen Bereich, zu tätigen. [.] Sie müssen essen, sie müssen sich anziehen, werden aber größere Renovierungen, Reparaturen und Anschaffungen allgemein verschieben.” Ein Umstand, der insbesondere die Baumärkte trifft. Hinzu kommt auch ein nicht ganz unerheblicher Unterschied des Konsumverhaltens. Während Österreicher und Deutsche begeisterte Heimwerker und Baumarktkunden sind, hält sich in Osteuropa die Begeisterung für das samstägliche Hämmern eher in Grenzen. Klare Daten zeigen, dass dies keine augenscheinlichen Klischees sind. So kann man dem Europa-Konsumbarometer entnehmen, dass im Jahr 2012 das deutsche Haushaltsbudget für Heimwerkerbedarf bei 1.108 Euro lag, während in den Osteuropäischen Staaten gerade einmal durchschnittlich 74 Euro aufgewendet wurden.

Kränkelnder Handel, schrumpfender Mittelstand

Nun sind in jüngster Zeit aber auch in Österreich und Deutschland Baumärkte von Umsatzeinbußen oder Pleiten (siehe Praktiker und Bahr) betroffen. Ein Indikator dafür, dass auch bei uns der Mittelstand – die einst große Gruppe der kleinen Haus- und Wohnungseigentümer – immer stärker zusammenschrumpft. Ein Umstand, der nicht nur der  Baumarktbranche – sondern vor allem den Verantwortungsträgern in der Politik – Kopfzerbrechen bereiten sollte. Die Politik muss alles unternehmen, die Erosion des Mittelstandes aufzuhalten. Bei den 4.000 bedrohten Arbeitsplätzen muss der Anfang gemacht werden. Wobei die betroffenen Mitarbeiter und ihre Familien im Mittelpunkt stehen müssen, nicht aber die künstlich hochgehaltenen Preise zeitgenössischer Kulturschaffender.

Barbara Rosenkranz ist Nationalratsabgeordnete der FPÖ und betreibt den Blog www.zurueckzurvernunft.at

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